<ul><li>KI im Qualitätsmanagement: Diese Tools funktionieren bereits</li><li>So verbessert stochastische Modellierung in der Werkzeugmaschine die Qualität</li><li>Wie ein Gesundheitsdienstleister seine Organisation mit Software verbessert</li><li>Neue Stereomikroskop-Familie mit okularloser Technologie sorgt für ergonomische Prüfung</li></ul>

Angesichts der Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit von KI stellt sich Thomas Funck in seinem Editorial die Frage, wie lange wird es QM-Systeme in der etablierten Form noch geben wird.

Wie lange wird es QM-Systeme in der etablierten Form noch geben? Diese Frage muss man in Anbetracht des rasanten Fortschreitens von Software und neuerdings KI stellen. Denn wenn Prozesse automatisiert überwacht werden können, wenn Audits sich auf die Sichtung von Datenprotokollen beschränken, dann werden sich Aufgaben im QM/QS ändern oder gar wegfallen. Das Potenzial scheint enorm und viele Unternehmen arbeiten bereits an Lösungen.

Doch ganz so rasch wird KI die über Jahre gewachsenen QM-Systeme nicht verdrängen, denn es gibt eine mächtige Bremse: juristische Verfahren im Fall von Produkthaftung und Gewährleistung. Spätestens vor Gericht werden Dokumentationen über ein funktionierendes QM-System und eine Qualitätssicherung gemäß „Stand der Technik“ eingefordert. Wer dann Schablonentexte vorlegt, die nicht mit menschlicher Intelligenz wenigstens überarbeitet wurden, wird vor der juristischen Prüfung nicht bestehen. Verantworten müssen ihre Managementsysteme letztlich Geschäftsführer, die in der Organisationshaftung stehen – nicht die künstliche Intelligenz.

Thomas Funck [<a href="mailto:thomas.funck@hanser.de">thomas.funck@hanser.de</a>]

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Editorial Funck

KI ohne Verantwortung | Editorial

Künstliche Intelligenz für die Qualitätssicherung

Industrie 4.0

Industrie 4.0 für die Qualitätssicherung

Funck, Thomas

Wie künstliche Intelligenz die Arbeit des Qualitätsmanagers verändern wird

KI-Tools finden ihren Weg in die Arbeitswelt. Welche Systeme werden bereits im Qualitätsmanagement eingesetzt und wo liegen die größten Potenziale?

KI-Tools wie ChatGPT finden ihren Weg in die Arbeitswelt. Die Systeme sind einerseits längst im Alltag weit verbreitet, aber gleichzeitig selbst für Fachleute konzeptionell gesehen oft noch Neuland. Dieser Beitrag zeigt, welche Werkzeuge heute schon im Qualitätsmanagement eingesetzt werden und wo die größten Potenziale zu suchen sind.

Machen wir uns nichts vor: Die generative künstliche Intelligenz in Form der großen Sprachmodelle (Large Language Models, LLM), wie sie mit ChatGPT vor einem halben Jahr den medialen Fokus erreicht hat, wird die Arbeitswelt ähnlich stark beeinflussen wie die Dampfmaschine. Das trifft insbesondere auf die Jobs rund ums Qualitätsmanagement zu. Hier haben wir es mit einem Umfeld zu tun, in dem sich KI-Systeme wohl- fühlen: Große Datenmengen, unstrukturierte Daten, textbasierte Daten.

Die von Microsoft unterstützte Softwareschmiede OpenAI ist mit Chat GPT nicht alleine: Mittlerweile ist mit Google Bard nach behobenen Unstimmigkeiten mit der EU-Datenschutzbehörde ein weiterer großer Player in Deutschland verfügbar. Facebook-Mutter Meta schickt eine KI-Software namens LLaMa ins Rennen, die sich an Forschungseinrichtungen und staatliche Stellen wendet. IBM hat seit längerem sein System Watson am Start, und selbst der Tech-Visionär Elon Musk hat vor kurzem mit xAI ein eigenes Unternehmen zur Entwicklung künstlicher Intelligenz gestartet. Immerhin ist Deutschland nicht ganz außen vor: Die KI des Heidelberger Startups Aleph Alpha ist leistungsfähig und vor allem auf die Bedürfnisse von Industrie sowie öffentlicher Verwaltung zugeschnitten.

Für die Kollegen aus der technischen Qualitätssicherung ist das Thema KI ohnehin nicht neu. Dort, wo Daten gut strukturiert und maschinenlesbar vorliegen, werden KI-Algorithmen schon länger eingesetzt: In der industriellen Bildverarbeitung etwa, wo eine Schlechtteilerkennung mittels Anomaliedetektion ebenso Usus ist wie automatisierte Erkennung schleichender Veränderungen im Zuge der vorausschauenden Wartung. Doch die Entwicklung text- und sprachorientierter LLMs eröffnet nun auch die Möglichkeit, Prozessmanagement, Audits und Zertifizierungen mit KI-Unterstützung durchzuführen. Darum soll es in diesem Beitrag gehen.

Eine Vorbemerkung: Es gibt derzeit eine Vielzahl an KI-Tools, und es werden täglich mehr. Die im Folgenden vorgestellten Programme und Plattformen werden also nur exemplarisch gezeigt. Um eigene Versuche kommen interessierte Nutzer derzeit nicht herum. Und: In diesem Beitrag geht es nur um die aktive Nutzung von KI-Tools für das Qualitätsmanagement – nicht um die Überprüfung von KI-Tools durch das Qualitätsmanagement. Letzteres, die systematische Prüfung und Absicherung von KI-Anwendungen, gegebenenfalls auch die Zertifizierung vertrauenswürdiger KI-Werkzeuge, soll Thema eines weiteren Beitrags sein.

Fangen wir mit Tools an, die sich im Qualitätsmanagement sofort einsetzen lassen. Hier wären an erster Stelle Übersetzungsdienste wie Google Translate, Microsoft Translator oder, aus Deutschland, DeepL zu nennen. Bei internationalen Audits lassen sich Dokumente, die in anderen Sprachen vorliegen, maschinell übersetzen. Die Ergebnisse sind gut und helfen dabei, Sprachbarrieren zu überwinden und eine effektive Kommunikation zwischen Auditoren und geprüften Organisationen zu ermöglichen.

Eine weitere interessante Tool-Gruppe sind Speech-to-Text-Systeme. Diese können gesprochenes Wort in Schrift transkribieren. Solche Funktionen gibt es niederschwellig bereits in den Smartphones, auch in Microsoft Teams ist eine Transkriptionsfunktion integriert. Wer es ausgefeilter möchte, kann sich Dragon Natural Speaking ansehen, das auch auf den eigenen Akzent oder Dialekt trainierbar ist – dann sinnvoll, wenn immer derselbe Sprecher diktiert. Auch APIs von Google Cloud Native Language oder IBM Watson sind zur Erkennung gesprochenen Wortes nutzbar.

Einsatzszenarien sind, wenn der Auditor seine Ergebnisse diktiert statt sie zu schreiben und das Transkript dann – hier kommen die neuen LLMs wie Chat GPT zum Einsatz – auch gleich sprachlich glätten lässt. Da sich in die Systeme auch Audio- und Videoaufzeichnungen hochladen lassen, ist eine weitere Möglichkeit, Mitschnitte oder Videos von Audit-Interviews automatisiert zu transkribieren. Auch lange Gespräche lassen sich so schnell verschriftlichen und, ebenfalls durch die LLMs, gleich zusammenfassen. Wichtig dabei ist allerdings, dass die KI-Nutzung transparent ist und die Privatsphäre aller Beteiligten im Audit geschützt wird. Und ebenso wichtig, dass der Auditor die so generierten Texte sorgsam Korrektur liest und sicherstellt, dass das Transkript die Aussagen des Interviews auch wirklich widerspiegelt.

All diese Transkripte sowie hunderte von Auditberichten und die damit verbundenen Erkenntnisse schlummern heute als Textfiles in den IT-Systemen und Audittools. Hier können LLMs nun ihre besondere Stärke ausspielen: Die großen Textmengen können mithilfe von künstlicher Intelligenz ausgewertet werden. Die KI-Systeme können basierend auf ihrer Analyse sowie früheren Auditerkenntnissen sogar selbst Auditmaßnahmen vorschlagen.

Diese Vorschläge sollte man genau als das werten: Als Vorschläge, nicht als fertige Konzepte. Es ist die Aufgabe von menschlichen Auditoren, das vorgeschlagene Maßnahmenpaket zu hinterfragen: Sind die Vorschläge sinnvoll? Sind sie umsetzbar und entsprechen sie den Zielen, der Strategie und den Werten der Organisation? Sind sie für die Organisation und die Betroffenen akzeptabel? Im Grunde können KI-Systeme Audits auch komplett selbstständig durchführen, wenn es sich um standardisierte Prozesse mit klaren Regeln und einer hohen Wiederholbarkeit handelt. Allerdings müssen auch hier Auditoren die Richtung vorgeben. So oder so sollten zumindest mittelfristig Vorschläge, die aus der KI abgeleitet werden, von menschlichen Auditoren persönlich kommuniziert werden. Im Dialog lässt sich eher sicherstellen, dass die Maßnahmen akzeptiert und damit erfolgreich umgesetzt werden.

Neben dem Audit lässt sich auch die Arbeit mit dem integrierten Managementsystem durch die KI vereinfachen. Die Fähigkeiten der Tools ermöglichen es zum Beispiel, das gesamte Management- und Dokumentenverwaltungssystem zu durchsuchen, um herauszufinden, ob es redundante Vorschriften an unterschiedlichen Stellen gibt. Oder schlimmer, ob es sich widersprechende Arbeitsanweisungen gibt. Wenn neue Ideen aufkommen, können diese sofort mit vorhandenen Regularien abgeglichen werden: Gibt es vom Konzept her schon ähnliche Inhalte? Gehen die Vorschläge konform mit allen relevanten Normen?

Auch bei der Prozessentwicklung gibt es viele neue Möglichkeiten. Das beginnt mit dem Process Mining. Per KI können Geschäftsprozesse im Hinblick auf Compliance-Anforderungen analysiert werden. Auffälligkeiten können schnell erkannt werden, zudem ist eine 100-Prozent-Prüfung aller Transaktionen möglich. Als Beispiel sei hier Celonis genannt, ein deutscher Anbieter von Process-Mining-Software. Unternehmen können ihre Geschäftsprozesse visualisieren und auf Basis der echten Transaktionsdaten analysieren, um Schwachstellen im Ablauf zu identifizieren.

Aber auch die klassische, händische Prozessentwicklung wird mit KI einfacher. Wie schon beim Audit erwähnt, lässt sich die KI als Ratgeber nutzen. Wenn es einen Vorschlag für einen neuen Prozess gibt, kann man die KI nutzen, um alle Anweisungen zu zeigen, die davon beeinflusst sein könnten. Aber die KI kann deutlich mehr: Man kann ein Tool wie ChatGPT zum Beispiel bitten, einen kompletten Prozess, etwa für das Onboarding neuer Mitarbeiter, zu beschreiben. Man kann das Tool zudem bitten, das Ganze in Tabellenform zu tun und je eine Spalte „mitwirkend“ und „verantwortlich“ anzulegen. Der so entstehende Prozessvorschlag ist oft schon erstaunlich gut, aber natürlich für das jeweilige Unternehmen noch nicht perfekt. Einen solchen Prozessvorschlag kann man dann den zuständigen Prozessverantwortlichen und Abteilungsleitern vorlegen mit der Bitte, die Anweisungen an die realen Gegebenheiten anzupassen. Die Erfahrung zeigt, dass Menschen bei Vorlage einer vernünftigen Blaupause weitaus schneller und leichter in eine Diskussion um einen guten Prozess einsteigen, als vor einem leeren Blatt Papier.

Wenn derartige Tools zukünftig in Managementsysteme integriert werden, könnte neben der normalen Arbeitsoberfläche standardmäßig ein KI-Fenster offen sein, das kontextsensitiv Vorschläge liefert. Bei der Erstmodellierung eines neuen Prozesses, oft ein aufwendiges Unterfangen, könnte dieser Assistent Vorschläge präsentieren („der wahrscheinlich nächste Schritt ist…“), die der User dann per Mausklick übernehmen oder ablehnen kann.

Mit maschineller Dokumentenprüfung können wiederum Schwachstellen im Dokumentenmanagementsystem schneller identifiziert werden. Dokumente können auf Aktualität, Vollständigkeit und Korrektheit überprüft werden. Bereits vorhandene Tools hierfür sind IBM Watson Discovery, UI Path oder Amazon Extract. UI Path nutzt KI, um Dokumente automatisch zu klassifizieren und relevante Daten zu extrahieren. Dabei können auch komplexe Dokumente wie Tabellen oder Formulare verarbeitet werden. Amazon Extract wiederum nutzt Computer Vision und maschinelles Lernen, um Text und Daten aus PDFs und Bildern zu extrahieren und zu strukturieren.

Generell ließe sich künftig die Zeitdifferenz zwischen Beschluss und Dokumentation deutlich reduzieren. Heute läuft das ja oft auf zwei Kanälen: Erst informiert der Chef per Mail über eine neue Arbeitsanweisung, erst danach landen die Vorgaben im Managementsystem. In Zukunft könnte das Beschlussgremium die Information an die KI senden, die sie sofort per Mail an alle Betroffenen sendet und gleichzeitig in alle notwendigen Dokumente integriert. KI-generierte Schulungen und ein Quiz zur Überprüfung, ob die Mitarbeiter die neue Arbeitsanweisung verstanden haben, könnten den Prozess komplettieren.

Beim Einsatz von künstlicher Intelligenz ist es wie bei allen digitalen Techniken wichtig sicherzustellen, dass die Daten, die verarbeitet werden, geschützt sind, dass die Einhaltung der jeweils gültigen Datenschutzrichtlinien gewährleistet ist und dass die Systeme über ausreichende Sicherheitsmaßnahmen verfügen, um Manipulation oder Verluste von Daten zu verhindern. Aufgrund der für KI-Analysen notwendigen enormen Rechenleistung findet die Kalkulation in aller Regel in einer großen Serverfarm in der Cloud statt. Beim Einsatz von KI-Systemen bedeutet das in Europa, dass, sobald personenbezogene Daten mitverarbeitet werden könnten, auf einen Server innerhalb der EU geachtet werden muss. Dienstleister wie Microsoft und Amazon bieten dafür eigens in der EU installierte Rechenzentren an.

Generell empfiehlt es sich, nur die im Unternehmen freigegebenen Softwareapplikationen zu nutzen und interne sowie externe Vorgaben zu berücksichtigen. Beim Test neuer Tools sollte daher vorab mit den verantwortlichen Stellen geklärt werden, was in welchem Umfang getestet wird und welche Daten dafür das Haus verlassen dürfen. Wer vermeiden will, dass die analysierten Daten zum Training der KI genutzt werden, kann dafür spezielle Sandkasten-Trainingsumgebungen nutzen, die die meisten KI-Plattformen anbieten. Die dort eingestellten Daten werden nicht dem KI-System zugeführt und nach der Sitzung wieder gelöscht. Da auch solche Systeme gehacked werden könnten, sollten User gut überlegen, ob es nicht Daten gibt, die man niemals in eine KI stecken sollte.

Zum Urheberrecht: OpenAI, Google und andere Technologiefirmen, die KI-Modelle entwickeln, trainieren ihre Software (die Large-Language-Models) mit Texten, Bildern und anderen Inhalten, die im Internet frei verfügbar sind. Inwieweit das alleinige Lernen aus öffentlich zugänglichen, zum Teil urheberrechtlich geschützten Daten eine Rechtsverletzung darstellt, ist aktuell nicht klar geregelt. Da sich die Texte aber nicht als direkte Zitate im neuronalen Netz der KI widerspiegeln, sondern nur als Wahrscheinlichkeitswolke für Wortabfolgen in unterschiedlichen Kontexten, ist die derzeitige Rechtsauffassung, dass das gelernte KI-Modell an sich kein Urheberrecht verletzt. Das letzte Wort ist hier allerdings noch nicht gesprochen. Darüber, ob zum Beispiel die KI-Firmen für die Nutzung der Trainingsdaten in Zukunft eine Art Datendividende zu zahlen haben, laufen derzeit die ersten Rechtsstreits in den USA. In Europa treibt das EU-Parlament eine Regulierung von künstlicher Intelligenz voran, den AI Act. Wie auch immer, am Ende bleibt die Haftung, und die nimmt dem Menschen niemand ab: Wenn durch die Veröffentlichung oder Nutzung eines KI-generierten Textes Schaden entsteht, haften innerhalb der Organisation jene Personen, die auch haften würden, wenn dieser Text rein menschlich entstanden wäre. Korrekturlesen ist also Pflicht.

Nach der juristischen kalten Dusche jetzt noch ein positiver Ausblick: Die Tools sind toll. Sie können unsere Arbeit deutlich erleichtern. Also empfiehlt es sich, schon jetzt möglichst viel damit herumzuprobieren. Fangen Sie klein an, lassen Sie sich die eine oder andere E-Mail optimieren. Lassen Sie sich Vorschläge für Audits oder Prozesse machen, die Gliederung für einen Vortrag. Versuchen Sie , die Tools und deren Fähigkeiten kennen zu lernen. Die Ideen kommen dann von ganz alleine. Und denken Sie Out-of-the-Box. In Zukunft wird noch viel mehr möglich sein. Nehmen Sie KI-basierte Chatbots: Die könnten auch für Audits eingesetzt werden, um automatisch Fragen von Auditierten zu beantworten oder um Interviewpartnern im Vorfeld eines persönlichen Audits Anleitungen bereitzustellen und im Nachgang Feedback einzusammeln. Kurz gesagt: Sehen Sie die KI schlicht als persönlichen Assistenten, der sie bei Routineaufgaben unterstützen will. Den spaßigen Teil der Arbeit machen weiterhin Sie!

Mit Übersetzungsplattformen wie DeepL oder Google Translate lassen sich internationale Audits leichter umsetzen – auch in exotischen oder sehr fremden Sprachen.

KI kann in unstrukturierten Daten Muster erkennen und so in Managementsystemen widersprüchliche Anweisungen finden oder Vorschläge zur Prozessmodellierung liefern.

Ein Beispiel von vielen Pressemeldungen, die derzeit die Redaktion erreichen. Große Unternehmen integrieren KI in all ihre Tools.

Hauptartikel

Künstliche Intelligenz im Qualitätsmanagement | Aktuelles

Das Aufmacherbild dieses Beitrags (auch auf der Titelseite) wurde mit dem KI-Tool Dall-E von OpenAI erstellt. Die Prompts zur Erstellung waren wie folgt (von links oben nach rechts unten):

<ul><li> Erstelle ein Foto eines digitalen Qualitätsmanagers, der Menschen unterrichtet</li><li> Male ein Bild im Stil von Salvador Dali, das einen Qualitätsingenieur vor einem Roboter zeigt</li><li> Erzeuge ein futuristisches Bild eines Qualitätsmanagers im Stil von Star Trek</li><li>Male ein Ölbild im Stil von Rembrandt, das einen Qualitätssicherer vor einem Computer zeigt</li><li> Zeichne ein Jugendstil-Bild eines Qualitätsmanagers vor einer Industriemaschine</li><li> Erstelle ein Gemälde eines Qualitätsmanagers der Autoindustrie im Stil von Paul Cézanne</li></ul>

Es wurde je eines der Ergebnisse nach dem ersten Prompt gewählt. Mit zusätzlichen Befehlen könnten Details wie zum Beispiel Gesichter deutlich verfeinert werden.

„Im Laufe der Jahre haben wir die Hauptfunktion des  Audits verwässert“

Benedikt Sommerhoff, Leiter Themenfeld Qualität und Innovation, und Thomas Votsmeier, Leiter Normung, schildern ihre Sicht auf eines der Kernthemen des QM. Sie berichten über die Gefahr von Fake Audits, falschen Erwartungen, Funktionsüberfrachtungen, Ritualisierungen und der Notwendigkeit lästiger Audits.

Benedikt Sommerhoff, Leiter Themenfeld Qualität und Innovation, und Thomas Votsmeier, Leiter Normung, schildern ihre Sicht auf eines der Kernthemen des QM.

Was ist für Sie ein nutzenstiftendes Audit ?

Thomas Votsmeier: Ein Audit, das die mit den Beteiligten und dem Auditauftraggeber sorgfältig abgestimmten Auditziele erreicht und damit zum Erfolg der Organisation beiträgt. Es fokussiert auf relevante Problemlagen der Organisation und liefert einen Beitrag zur Erkenntnisgewinnung über bestimmte Sachverhalte und deren Bewertung anhand von Auditkriterien wie beispielsweise Zielerreichung oder Konformität.

Benedikt Sommerhoff: Auditieren ist eine Governance-Pflicht, auch wenn in einem einzelnen Audit auch einmal kein konkreter Nutzen entsteht. Pflichtaufgaben eines Audits sind Konformitätsprüfung und Feststellung der Wirksamkeit des Managementsystems. Ich beobachte, dass einige erwarten, dass der Nutzen eines Audits oder eines Auditprogramms höher als sein Aufwand ist. Bei hoher Konformität und Wirksamkeit ist genau das nicht der Fall. Dann wird das Audit leicht mit zusätzlichen Funktionen und Nutzenzuschreibungen überfrachtet. Funktionsüberfrachtung führt dann oft zum Methodenversagen, Nutzenüberhöhung zu enttäuschten Erwartungen.

Wie hat sich die Funktion von Audits im Lauf der Jahre gewandelt?

Thomas Votsmeier: Es gibt schon seit Jahrzehnten diverse Auditarten, Vorgehensweisen, Auditziele und Auditmethoden. Die Funktionen oder Ziele einzelner Audits sind idealerweise im Vorfeld in Abstimmung mit einem konsistenten Auditprogramm der Organisation eindeutig festzulegen. Insoweit sind Änderungen von Auditzielsetzungen abhängig von den jeweiligen Rahmenbedingungen. Historisch hat sich mit Einführung von Konformitätsbewertungsaudits nach Verabschiedung von Normen zu zertifizierbaren Managementsystemen eine Verschiebung von Lieferantenaudits hin zu 3rd-Party-Audits ergeben. Die Notwendigkeit der Durchführung von internen Audits ergab sich ebenfalls aus Anforderungen der Managementsystemnormen und hat sich idealerweise von Systemaudits hin zur Auditierung spezifischer Fragestellungen verändert. Der Anspruch der Ableitung von Verbesserungspotenzialen im Rahmen von Audits ist eine spezifische Funktion, die aber ebenfalls abhängig von der Organisationszielsetzung gewählt werden kann. Daneben gibt es diverse weitere Auditarten, deren Einsatz weniger von einem Funktionswandel abhängt, sondern von den verfolgten Zielen.

Inhaltliche Ansprüche an wirksame Managementsystemaudits wurden zuletzt normativ erweitert mit den Überlegungen zum Auditleitfaden DIN EN ISO 19011 – 2018. Hier wurde die Verbindung der Auditplanung mit der strategischen Richtung der Organisation aufgenommen, ebenso wie der Ansatz des risikobasierten Audits und die Berücksichtigung des Kontextes der Organisation. Die Betonung der Wirksamkeit und des Nutzens von Audits für die Organisation haben ebenfalls einen Einfluss auf die Funktion von Audits.

Benedikt Sommerhoff: Die Pflichtfunktionen haben sich doch gar nicht geändert, Konformitätsprüfung und Wirksamkeitsfeststellung. Eine gewisse Lästigkeit von Konformitätsaudits hat aber, besonders im internen Audit, dahin geführt, immer mehr Funktionen ins Audit packen zu wollen. Dabei gibt es für viele dieser Nebenfunktionen viel bessere Methoden als ein Audit: Um Verbesserungen zu identifizieren, Prozessanalysen, um QM zu schulen, Schulungen, um Qualitätsbewusstsein zu fördern, Führung. Ich finde, im Laufe der Jahre haben wir das Audit überfrachtet, seine Hauptfunktionen verwässert. Und all das, ohne seine Akzeptanz zu erhöhen oder seine Lästigkeit zu mindern. Hingegen sind immer mehr Anforderungen an Unternehmen gestellt worden, Produkte und Prozesse vielerorts immer schneller und komplexer gemacht worden, um am Markt zu bestehen. Für mich wäre es daher an der Zeit, Ballast abzuwerfen und die Auditprogramme zu verschlanken, um ihre Hauptfunktionen besser erfüllen zu können. Nicht die Beliebtheit müssen wir steigern, sondern die Fähigkeit, rigoros versteckte Nonkonformitäten und Dysfunktionalitäten des Managementsystems aufzuzeigen.

Wie kommt es dazu, dass Audits falsche Ansprüche und Erwartungen wecken?

Thomas Votsmeier: Tun sie nicht, wenn eine sachgerechte Auditplanung erfolgt.

Benedikt Sommerhoff: Weil wir schwer damit umgehen können, dass Konformitätsaudits lästig sind. Wir haben nicht ausgehalten, dass Audits bei Auditierten als das wahrgenommen wurden, was sie sein zu haben: Prüfungen. Und wir haben versucht, sie sympathischer, angenehmer zu machen, bis wir Konformitätsprobleme nicht mehr erkennen oder benennen konnten. Wir haben nicht ausgehalten, dass ein Audit nicht direkt einen Return on Investment bringt. Und deshalb ganz viele Nutzenpotenziale gebrainstormt, die mit anderen Methoden viel besser zu heben gewesen wären. Wir haben die Rollenkonflikte nicht ausgehalten und nicht gelöst, in die ein angemessen rigoroses Auditieren die internen Auditoren bringt. Und wir haben deshalb einen Gang zurückgeschaltet, um diese Konflikte zu mildern.

Sie betonen die Gefahr von Fake Audits: Was verstehen Sie darunter, und ist die Gefahr von Fake Audits in den letzten Jahren gestiegen?

Thomas Votsmeier: Sämtliche Audits, die keinen Nutzen für die Organisationen generieren, sind meines Erachtens überflüssig. Organisationen, die primär am Vorhandensein eines Managementsystemzertifikats zur Sicherstellung ihrer Lieferfähigkeit interessiert sind, neigen dazu, Audits möglichst mit minimalem Aufwand zur Erfüllung von Normenanforderungen durchzuführen, aber keine verwertbaren Erkenntnisse daraus abzuleiten. Das Ergebnis sind dann zum Beispiel ritualisierte Audits nach wiederkehrenden Schemen mit dem gleichem Personenpool zu ähnlichen Fragestellungen ohne erkennbaren Mehrwert. Wird dabei nicht einmal eine realistische Bewertung des Sachverhaltes erzielt oder Scheinwelten beziehungsweise Parallelsysteme zur gelebten Praxis auditiert würde ich dies als „Fake Audit“ bezeichnen. Mir liegen keine belastbaren Zahlen darüber vor, ob diese Art von Audits zu- oder abnimmt. Meine Empfehlung ist jedoch eindeutig, auf solche Art Audits zu verzichten. Sie sind reine Ressourcenverschwendung – richtig und nutzenstiftend oder gar nicht!

Benedikt Sommerhoff: Die Gefahr ist groß, dass Audits zu Ritualen werden, in denen die riskanten Nonkonformitäten gut versteckt, nicht erkannt oder nicht benannt bleiben. Und dass dafür Pseudoprobleme benannt und mit Pseudomaßnahmen adressiert werden. Die sind oft daran zu erkennen, dass sie niemand umsetzen will, und nicht die verantwortlichen Führungskräfte, sondern QMBs und interne Auditoren sie verfolgen und nicht selten selbst ausarbeiten und einführen. Das ist alarmierend, andere Maßnahmen setzen die Bereiche doch eigenverantwortlich und zügig um.

Thomas Votsmeier: Durch offene Ansprache der Situation zwischen allen Beteiligten: Leitung, Auditauftraggeber, Auditoren, Auditierte. Die Haltung zum Einsatz des Instruments Audit und der damit verbundenen Zielsetzung ist entscheidend, um wertschöpfende Audits durchführen zu können. Dazu gehört letztlich auch die Konsequenz, auf die Anwendung von Managementsystemnormen beziehungsweise die Erfüllung von bestimmten Anforderungen zu verzichten, wenn die Beteiligten nicht dahinter stehen oder bestimmte Anforderungen faktisch nicht erfüllt werden können.

Benedikt Sommerhoff: Dies gelingt nur durch rigoroses, wenn nötig sogar forensisches Auditieren, auch wenn es als unangenehm zurückgespiegelt wird. Wir müssen mit der Lästigkeit dessen umgehen lernen, sie nicht per se vermeiden wollen. Damit mich niemand falsch versteht. Ein rigoroses Auditieren bleibt höflich und professionell. Es ist aber nicht gefallsüchtig.

Was muss sich ändern: das Audit, das auditierte System oder die Ansprüche ans Audit?

Benedikt Sommerhoff: Ich sehe hier vor allem vier Hebel: Erstens das Audit funktionsspezifisch machen oder geeignete bessere Alternativmethoden einsetzen. Zweitens die Rollenkonflikte angehen und abschwächen, in die das Audit interne Auditoren bringt. Drittens die vielen verschiedenen Prüfungen und Audits in einen integrierten Plan bringen und diesen verschlanken. Viertens digitale Technologien nutzen, wie zum Beispiel Process Mining.

Welchen Einfluss haben gesellschaftliche Entwicklungen und Ereignisse wie Digitalisierung und Corona-Pandemie auf das Audit?

Thomas Votsmeier: Ein Audit ist in erster Linie ein Instrument, mit dem Sachverhalte ermittelt und bewertet werden. Von daher ändern sich im Laufe der Zeit die Erkenntnisinteressen beziehungsweise die Auditziele unter Einbeziehung der aktuellen Fragestellungen in den Organisationen. Digitalisierung führt unter anderem zu veränderten Vorgehensweisen, Prozessen, Methoden oder Produkten. Veränderte Mobilität aufgrund pandemiebedingter Bewegungseinschränkungen hat Einfluss auf den Methodeneinsatz: weg von Vor-Ort-Audits hin zu Remote-Methodeneinsatz. Gestörte Lieferketten führen zur verstärkten Auditierung derselben unter verstärkter Betrachtung der Ausfallrisiken.

Gesellschaftliche Entwicklungen haben insofern keinen direkten Einfluss auf das Audit an sich, jedoch auf die Zielsetzungen und Methoden.

Benedikt Sommerhoff: Die wachsende Dynamik erfordert dynamischere Auditplanungen. Wachsende Risiken erfordern rigorosere Konformitäts- und Wirksamkeitsprüfungen. Schrumpfende Personalressourcen verlangen schlankere Auditprogramme. Zunehmende Digitalisierung erfordert digitale Auditierungen in Richtung „Maschine auditiert Maschine“.

Thomas Votsmeier: Ich sehe in letzter Zeit zunehmend die Notwendigkeit aufkommen, in den Unternehmen rechtliche Sachverhalte im Sinne von Compliance-Audits zu begutachten.

Ein klarer Trend zeichnet sich ab mit dem gewachsenen Anteil der Nutzung von Remote-Methoden in der Auditpraxis auf allen Ebenen und vielen Auditarten. Der Verzicht auf physische Anwesenheit von Auditoren führt zu Veränderungen in der Auditpraxis beziehungsweise dem Methodeneinsatz.

Das Ausprobieren verschiedener Auditmethoden ist ebenfalls ein erkennbarer Trend. Die Nutzung agiler Methoden, die Verkürzung der Auditzeiten, Techniken zur Informationsgewinnung oder auch Best-Practice-Analysen sind nur einige Beispiele.

Benedikt Sommerhoff: Das digitale Auditieren digitaler Prozesse, etwa durch Process Mining, könnte ein Weg sein. Und dann auch die Integration: Die Anforderungssituation eskaliert, die Reglementierung nimmt rasant zu. Die unterschiedlichen Prüfer, Revisoren, Begeher, Auditoren und so weiter müssen Auditplanung, Auditdurchführung und Auditauswertung besser synchronisieren. Sonst auditieren wir die Unternehmen in die Bewegungslosigkeit.

Interview DGQ

Funktion von Audits | DGQ

Dr. Benedikt Sommerhoff leitet das das Themenfeld Qualität und Innovation der DGQ. Er analysiert DGQ-relevante, gesellschaftliche und fachliche Dynamiken.

Thomas Votsmeier ist Leiter Normung bei der DGQ e.V. Er vertritt DIN und EOQ im Gremium von ISO/TC 147–00–01 AA, TC 207 und CASCO.

qz-online.de

Audit / Auditierung

Qualitätsmethoden

Handeln für die Anziehungskraft der Pflege

Wie das Magnet-Modell zur Bindung und Entwicklung von Pflegekräften dient

Wer sich in den letzten Jahren mit Organisationsentwicklung im Gesundheitswesen beschäftigt hat, für den ist das Magnet-Modell sicher kein Neuland. Dieses Modell stammt aus US-amerikanischen Forschungen aus den 1980er Jahren und beschreibt im Kern Einrichtungen, welche eine überdurchschnittliche Qualität in ihrer Patientenversorgung vorweisen. Damit schaffen sie es, Pflegefachpersonen anzuziehen und zu halten – wirken gleichsam wie Magnete.

Einrichtungen, die eine überdurchschnittliche Qualität in ihrer Patientenversorgung vorweisen, schaffen es, Pflegefachpersonen anzuziehen und zu halten.

Das Magnet-Modell setzt sich aus fünf Schlüsselkomponenten zusammen. ES bildet einen Rahmen für Organisationen, in welchen „Pflegende mit hoher Fachkompetenz exzellente Patientenergebnisse erzielen und die Pflegenden selbst eine große Zufriedenheit und eine geringe Fluktuationsrate aufweisen.“ (Feuchtinger 2015). Einrichtungen der Akut- und Langzeitpflege, die dieses Organisations-Modell anwenden, sorgen für eine gemeinsame Vision und nehmen Einfluss auf die Kernprozesse. Auf diese Weise steigt die Anziehungskraft auf Pflegende.

Studien haben außerdem gezeigt, dass das Zusammenspiel der fünf Schlüsselkomponenten eine deutlich positive Wirkung auf die Qualität der Versorgung mit sich bringt. Dabei besteht eine wichtige Eigenschaft von Magnet-Organisationen darin, aktiv interne und organisationale Veränderungen voranzutreiben. Das geschieht häufig gegen anfängliche Widerstände bei den Pflegenden. Denn Änderungsprozesse verursachen zunächst Aufwand. In Zeiten der subjektiv wahrgenommenen Überlastung der Pflegenden ist die Notwendigkeit nicht immer leicht zu vermitteln, auch wenn der Bedarf für Veränderung groß ist.

Aus diesem Grund wird eine deutliche Entscheidung der Führungsebene für eine Entwicklung der Organisation benötigt, um überhaupt einen Veränderungsprozess zu initiieren. Hierfür sind insbesondere zwei Grundsätze relevant. Erstens ist eine Organisation keine Maschine, sondern funktioniert wie ein lebendiges System. Der zweite Grundsatz betrifft das Menschenbild: Die Mitarbeitenden sind fähig, ihre Arbeit selbst zu organisieren, müssen nicht ständig kontrolliert werden und benötigen keine extrinsischen Anreize, um gute Arbeit zu leisten.

Diese zwei Grundsätze sind essenziell, damit Führungspersonen eine Organisation nicht deterministisch, also festgelegt und formalisiert, steuern. Vielmehr geht es um die bewusste Wahrnehmung und Ausrichtung der Organisationskultur. Innerhalb eines Veränderungs- oder Entwicklungsprozesses wird auf diese Weise ein Handlungsrahmen aufgezeigt, in welchem sich die Mitglieder einer Organisation bewegen können und der eine Orientierung bietet.

Im Magnet-Modell findet sich hierfür der Begriff der transformationalen Führung. Sie beinhaltet das Verändern von Bekanntem, was wiederum immer mit Widerständen einhergeht. Transformationaler Führungsstil muss auf mehrere Führungspersonen aufgeteilt werden (Lettmann 2022). Untersuchungen zeigen, dass dieses Führungsverständnis ausschlaggebend für die Entwicklung einer positiven Unternehmenskultur ist. Diese wiederum ist zentral, um Selbstbestimmung und Selbstorganisation von Pflegefachpersonen zu erreichen und die für eine Veränderung erforderlichen Strukturen zu erzeugen.

Die Wirkung einer Magnetorganisation entsteht vor allem aus ihrer Verpflichtung, eine hervorragende Qualität der Patientenversorgung im Zusammenspiel mit dem Empowerment von Pflegekräften herzustellen. Empowerment bedeutet in diesem Kontext die „Übertragung von Entscheidungsautorität und Verantwortlichkeit“ (vgl. Weibler 2017) im Sinne der fachlichen Autonomie der Pflege und die Unterstützung zur Erlangung der benötigten Kompetenz. Wichtig ist auch das sinnhafte Erleben der Tätigkeit und die Wahrnehmung der Effekte der eigenen Arbeit. Empowerment führt dazu, dass Pflegefachpersonal sich motiviert und befähigt fühlt innovative Ideen einzubringen, auszutesten und auch zu implementieren. Dieses Vorgehen führt in weiteren Schritten zu einer Organisation, deren Mitarbeitende selbst Pläne und Visionen für die Zukunft der Pflege schmieden. Diese Visionen wiederum wirken wie ein Magnet auf externe Pflegefachpersonen, welche sich damit identifizieren und den gewünschten Effekt positiv verstärken.

Ein weiterer wichtiger Baustein für eine nachhaltige Begeisterung im Arbeitsfeld sind die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, welche eine Organisation bietet. Sie sorgen für ein beständiges Selbstbewusstsein und eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass Arbeit als sinnvoll wahrgenommen wird. Ihr Vorhandensein führt zu einer messbar höheren Zufriedenheit von Mitarbeitenden. Forschungsergebnisse zeigen, dass Beschäftigte, welche diese Zufriedenheit verspüren, auch fokussierter ihre Ziele verfolgen und Verantwortung wahrnehmen.

Hierfür wird eine besondere Personalentwicklungsstrategie benötigt. Diese umfasst einen strukturierten Prozess, welcher so wenige Barrieren wie möglich vorweist. Kurze Entscheidungswege, die sich am gemeinsamen Ziel der Organisation orientieren, sind ebenfalls unumgänglich. Außerdem muss die Personalentwicklung die individuellen Stärken und Talente fördern, um den größten Nutzen für die Organisation zu generieren.

Im Kontext der Wissensgenerierung sind Magneteinrichtungen richtungsweisend. Sie bieten die Ressourcen und die Infrastruktur, um Fortschritt zu generieren. Dafür werden die Beschäftigten inklusive der Leitungsverantwortlichen und Führungskräfte gefördert, Themen und Ideen einzubringen. Die Strukturen der Organisation unterstützen dabei, diese Themen fachlich zu begleiten, lösungsorientiert zu arbeiten und Veränderungsprozesse zu initiieren. Diese Herangehensweise wird auch als intellektuelle Stimulation bezeichnet, welche ein stärkeres Bewusstsein dafür schafft, gewohntes zu hinterfragen. Die Fähigkeit wird gefördert, neue Wege zu denken und diese auch in der Praxis zu testen. Für Organisationen bedeutet das, einen deutlichen Fokus auf die fachliche und wissenschaftliche Bildung zu legen. Denn diese ist unter anderem der Schlüssel zu den genannten Fähigkeiten und ermöglicht, neue Blickwinkel zu integrieren.

Neben dieser Personalentwicklungsstrategie wirkt auch die öffentliche Honorierung der Leistungen der Pflegenden positiv auf die Attraktivität der Organisation. Das Gelernte – beispielsweise im Rahmen kollegialer Beratungen oder Fallbesprechungen – an Kolleginnen und Kollegen weitergeben zu können und hierfür auch die Unterstützung und Anerkennung seitens der Organisation zu erhalten, führt zu einer nachhaltigen Organisations- und Personalentwicklung.

Außerdem spielt der Fortschritt der professionellen Praxis eine entscheidende Rolle. Untersuchungen haben gezeigt, dass dies im Speziellen vom Willen der Pflegefachpersonen selbst abhängt. Dieser Wille und die persönliche Entscheidung, sich gemäß dem Verständnis von professioneller Pflege weiterzuentwickeln, wird deutlich von der Organisationskultur und den vorhandenen Unterstützungsstrukturen beeinflusst.

Eine für diese Entwicklung förderliche Organisationskultur legt Wert auf transparente Kommunikation der Erwartungen. Hierfür können regelmäßige Informations- und Austauschplattformen und auch jährlich stattfindende große Events genutzt werden. Diese Events bieten die Möglichkeit, Organisationsziele anschaulich zu kommunizieren und die laufenden Prozesse zu reflektieren. Dabei ist zu empfehlen, das bereits Erreichte ins Zentrum zu stellen und gemeinsam zu feiern. Auch hier belegen Studien, dass die entgegengebrachte Anerkennung zum positiven Rollenverständnis der Pflegefachpersonen beiträgt, wenn die zentrale Bedeutung der professionellen Pflege innerhalb der Organisation herausgestellt wird.

Alles in allem wird deutlich: Organisationsentwicklung lebt davon, ins Tun zu kommen. Sowohl Führungspersonen als auch Mitarbeitende sind Teil dieses lebenden Systems. Eine der größten Führungsaufgaben ist es, eine Haltung zu vermitteln, in der die Akteure sich als Lernende wahrnehmen und mit Neugierde und Ideen an Herausforderungen herantreten. Kein Teil einer Organisation ist allwissend und kennt immer den richtigen Weg, weder die Führungsebene noch die Verwaltung, aber auch nicht die Pflegeprofis allein. Die Kunst besteht darin, diese einzelnen Tätigkeits-Silos durchlässig zu machen sowie voneinander zu lernen und zu profitieren. Nur dann kann eine gemeinsame Vision verfolgt werden, welche wiederum der Arbeit einen Sinn gibt. Dieser führt – wie bereits zuvor beschrieben – zu einer höheren Identifikation mit der Organisation und fördert die Magnetwirkung.

Die 5 Schlüsselkomponenten inklusive der 14 Magnetkräfte (in Anlehnung an American Nurses Credentialing Center).

Hauptartikel DGQ 2 Seiter

American Nurses Credentialing Center: Magnet Model. Creating a Magnet Culture.

<a href="https://www.nursingworld.org/organizational-programs/magnet/magnet-model/" target="_blank">https://www.nursingworld.org/organizational-programs/magnet/magnet-model/</a>, zuletzt geprüft am 12.03.2022.

Louise Enz ist examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin und hat sich schon während ihrer Masterthesis im Studium der Pflegewissenschaft mit den Attraktoren von Magnetkrankenhäusern in Zusammenhang mit der stationären Langzeitpflege befasst. Mit ihrer Expertise hat sie wichtige Impulse für den DGQ Pflege-Online-Treffpunkt geliefert. Derzeit arbeitet sie als Vorstandsreferentin beim Paul-Gerhardt-Werk e.V. in Offenburg.

QM im Gesundheits- / Sozialwesen

Dienstleistungen

Beratung und Consulting

DGQplus unter den Top 3 der Verbands-Apps

Nur noch drei Kandidaten waren am Ende übrig: Am 12. Juli 2023 fand die Verleihung der mediaV-Awards in Köln statt. Der Medienpreis für Verbände und Organisationen wurde zum dritten Mal vergeben. Die kollaborative Netzwerkplattform DGQplus war dabei in der Kategorie „Beste Verbands-App“ nominiert.

Die kollaborative Netzwerkplattform DGQplus war für die mediaV-Awards in der Kategorie „Beste Verbands-App“ nominiert.

Ganz an die Spitze hat es dieses Mal nicht gereicht, aber mit der Nominierung würdigt die Jury DGQplus als gelungene Initiative, bei der es um lebendige, schnelle und integrative Verbandskommunikation geht. Mitglieder sollen sich aktiv am Verbandsgeschehen beteiligen, relevante Inhalte schnell finden und sich untereinander vernetzen können.

Der Erfolg ist dabei der gesamten Community von mittlerweile über 5.000 registrierten Nutzerinnen und Nutzern zu verdanken. Sie sind es, die dieses Portal beleben und innerhalb von zweieinhalb Jahren haben wachsen lassen.

Den mediaV-Award in der Kategorie „Beste Verbands-App“ erhielt der Verband Bildung und Erziehung Landesverband Rheinland-Pfalz.

Der mediaV-Award wird alle zwei Jahre vom Verbändereport – dem Fachmagazin für die Führungskräfte der Verbände – für herausragende Kommunikationsleistungen an Verbände, Agenturen und Medienschaffende vergeben.

In diesem Jahr wird der Preis in zwölf Kategorien ausgelobt.

Die Urkunde nahmen entgegen (v.l.n.r.): Amelie Rusche (Managerin Forschung & Kommunikation, FQS – Forschungsgemeinschaft Qualität), Paul Kübler (DGQ-Vorstandsmitglied), Natalie Rittgasser (Community Managerin bei der DGQ )

DGQ Meldung 1

DGQ-Fachkreis Nachhaltigkeit geht ans Werk

Hochaktuelle Themen, engagierte Mitstreitende: Knapp sechzig Interessierte sind am 31. Mai 2023 erstmals zusammengekommen, um Ziele und Rahmenbedingungen der künftigen Arbeit des neugegründeten DGQ-Fachkreises Nachhaltigkeit abzustecken.

Knapp sechzig Interessierte sind am 31. Mai 2023 erstmals zusammengekommen, um Ziele und Rahmenbedingungen der künftigen Arbeit des neugegründeten DGQ-Fachkreises Nachhaltigkeit abzustecken.

Im Zuge eines bundesweiten Online-Meetings tauschten sich die Teilnehmenden über Motivationspunkte und Herausforderungen des Themas aus. Die zahlreichen Schnittstellen zwischen den Bereichen Qualitätsmanagement und Nachhaltigkeit dienen der Fachkreisarbeit als roter Faden.

Als eines seiner ersten Arbeitsthemen hat der Fachkreis die Definition aussagekräftiger Nachhaltigkeitskennzahlen identifiziert: Indem Nachhaltigkeit besser quantifizierbar wird, ermöglicht dies eine größere Vergleichbarkeit von Ergebnissen. Letzteres spielt beispielsweise bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten eine große Rolle. Darüber hinaus liegt ein weiterer Schwerpunkt der Fachkreisarbeit darauf, die Funktion des Qualitätsmanagements beim Thema Nachhaltigkeit zu klären. Auch der Integration von Nachhaltigkeitsbestrebungen in bestehende Managementsysteme kommt künftig eine hohe Bedeutung im Rahmen der Fachkreisarbeit zu.

Des Weiteren stand die Wahl des Leitungsteams auf dem Plan: Gewählt wurden Prof. Dr. Linda Chalupova, Professorin für Umwelt und Nachhaltigkeit, Dr. Wilhelm Floer, QM-Coach und Consultant, Prof. Dr. Irina Mazilu-Eyaz, Professorin für Qualitätsmanagement, sowie Sandra Paul, Beraterin in der Gemeinwohlökonomie.

Mit dem Fachkreis Nachhaltigkeit will die DGQ eine Plattform für Personen aus dem Qualitätsumfeld schaffen, die sich für Nachhaltigkeit in der eigenen Organisation engagieren und den fachlichen Austausch suchen. Ein ESG-Kompass, der Nachhaltigkeitsbegriffe aus dem QM-Alltag aufgreift und erklärt, liegt als erstes Arbeitsergebnis auf der Mitgliederplattform DGQplus bereits vor.

DGQ Meldung 2

„Integrierte Managementsysteme“ mit gelungener Premiere

Das neu entwickelte DGQ-Training „Integrierte Managementsysteme“ hat in der Woche vor Christi Himmelfahrt seinen erfolgreichen Start in der DGQ-Geschäftsstelle Frankfurt gefeiert.

Die Teilnehmer, die größtenteils im Bereich Qualitätsmanagement tätig und mit ISO 9001 bereits vertraut sind, konnten in den drei Tagen viele hilfreiche Parallelen und Unterschiede zum Umwelt-, Energie- und Arbeitssicherheitsmanagement erarbeiten und diskutieren. Das breite Praxiswissen und die Hinweise des Trainers halfen dabei, die verschiedenen gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen für den Aufbau eines integrierten Managementsystems im Blick zu haben.

Vor allem der ganzheitliche Denkansatz, auch bei festzulegenden Zielen oder Kennzahlen über den Tellerrand des Qualitätsmanagements hinauszuschauen, sorgte bei vielen für einen Aha-Effekt. Viele Normanforderungen lassen sich nämlich gemeinsam erarbeiten oder ableiten. Dies reduziert den Aufwand im Managementsystem für die Verantwortlichen deutlich. Am Ende des dritten Tages stand für einige Teilnehmer noch die schriftliche Abschlussprüfung zum „DGQ-Koordinator Integrierte Managementsysteme“ an, die von allen erfolgreich absolviert wurde. Das Feedback der Teilnehmer zur neuen Veranstaltung fiel ausgesprochen positiv aus. Insbesondere die vielen Einblicke und Beispiele zu den verschiedenen Managementsysteme waren hilfreich und lehrreich. Das nächste Präsenz-Training findet am 20. November 2023 statt. Weitere Informationen und Anmeldemöglichkeiten: <a href="https://www.dgq.de/u/IMS" target="_blank">www.dgq.de/u/IMS</a>

DGQ Meldung 3

Seminare, Schulungen, Kongresse

„Die Digitalisierung hat die Mitarbeiter vergessen“

Im Gespräch mit Benjamin Brockmann, Operations1

Ein junges Unternehmen versucht, die Lücke in den Digitalisierungsbemühungen der Industrie zu schließen. Die QZ-Redaktion sprach mit einem der Gründer.

Ein junges Unternehmen versucht, die Lücke in den Digitalisierungsbemühungen der Industrie zu schließen. Die QZ-Redaktion sprach mit einem der Gründer über das Konzept und welche Möglichkeiten es im Qualitätsmanagement bietet.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Unternehmen zur Digitalisierung der Industrie zu gründen?

Ich habe in Frankfurt Finanzwesen im Bachelor studiert und wollte mich stärker technisch ausrichten, weshalb ich dann an der TU München einen Maschinenbau-Master draufgesetzt habe. Zudem war ich schon immer ein sehr technologiebegeisterter Mensch, habe schon immer auch programmiert. Deshalb war ich umso mehr erstaunt, dass selbst die Forschungsfabrik, die Smart Factory der TU München, noch weit von dem entfernt war, wie ich mir das vorgestellt hatte. Da liefen die Leute nicht mit Hololenses [AR-Brille, Red.] herum und hatten Hologramme in der Fabrik. Der neueste Schrei war 2017 stattdessen ein iPad, auf dem ein PDF angezeigt werden konnte, nachdem man einen Barcode abgescannt hat. Das hat mich schon ein bisschen irritiert, weil die Technologie zu der Zeit in der Consumer-Welt schon viel weiter war. Im Anschluss an die Masterarbeit zur Digitalisierung in der Fabrik habe ich dann zusammen mit Daniel Grobe Operations1 gegründet.

Einfach gesagt digitalisieren wir Prozesse in den Fabriken von produzierenden Unternehmen. Digitalisierung ist hier ein großes Thema, was zwar schon angegangen wird, aber oft noch in den Kinderschuhen steckt. Wir setzen uns als Ziel, diese Fabriken ganzheitlich zu digitalisieren. Wir ersetzen das Papier, das Mitarbeiter in der Fabrik in der Hand halten durch ein Tablet, Smartphone, vielleicht auch eine smarte Brille, und bringen damit die Mitarbeiter in die Position, wirklich aktiv und in Echtzeit an den Informationsströmen teilzunehmen, die in den Unternehmen existieren – auf den jeweiligen Mitarbeiter zugeschnitten. Ein Praktikant benötigt schließlich andere Informationen als ein erfahrener Werker, und der wiederum andere als der Wartungstechniker.

Wo sind Ihrer Erfahrung nach die größten Lücken in der Digitalisierung der Fabrik?

Die Lücke, die wir identifiziert haben, liegt bei den Mitarbeitern selbst. Die wurden in der Digitalisierungswelle, die schon vor vielen Jahren gestartet wurde, Stichwort Industrie 4.0, ausgelassen. Das Thema Digitalisierung wurde immer von den Maschinen aus gedacht: Sensorik, Machine-to-Machine-Kommunikation, Steuerungstechnik. Keiner hat wirklich von den Mitarbeitern aus gedacht. Entsprechend haben wir uns gefragt, was braucht eigentlich der Mitarbeiter, um produktiv arbeiten zu können? Es liegt auf der Hand, dass die Menschen nicht dauernd ein Tablet in der Hand halten müssen, es geht eher darum, Informationen in Echtzeit von anderen Teams, auch über Werks- und Ländergrenzen hinweg, zu konsumieren. Digitalisierung hilft hier, das zu lösen.

Wie wird das umgesetzt? Wo docken sie an?

Wir haben Operations1 von Beginn an so verstanden, dass wir keine Insellösung sind, sondern alle Informationen, die im Unternehmen existieren, sinnvoll nutzen wollen. In den ERP-Systemen gibt es schon viele Informationen. Wir lösen die letzte Meile zum Mitarbeiter und reichern die Informationen zudem mit Bildern oder Videos so an, dass sie bestmöglich konsumiert und bearbeitet werden können. Deshalb sind auch Schnittstellen zu einem MES oder direkt zu Maschinen möglich. Ich kann die Werte eines Sensors, der die Temperatur der Maschine misst, gegebenenfalls direkt in meine Checkliste einfließen lassen. Vielleicht reagiert dann die Checkliste dynamisch und ändert den Zustand, je nachdem, wie heiß oder wie kalt die Maschine ist. So denken wir.

Inwieweit ist Ihre Tool-Welt hilfreich, wenn es um das Thema Qualitätsmanagement oder Qualitätssicherung geht?

Hier ist der wichtigste Faktor Transparenz. Wir wollen entstehende Fehler im ersten Schritt noch nicht analysieren, sondern transparent machen. In Qualitätsprüfungsprotokollen auf Papierbasis, manchmal auch digital, findet sich nur eine Checkbox, die auf ‚ja‘ oder ‚nein‘ gesetzt wird. Bei unserem System wird sofort danach gefragt, ob der Werker ein Bild oder ein Video des Problems aufnehmen kann oder ob es Sensordaten aus der Maschine gibt. All diese Infos können automatisiert direkt mit in die Checkliste eingearbeitet werden. Dann haben wir viel mehr Daten, eine viel höhere Datenqualität. Wenn sich dann ein Team einmal pro Woche alle Fehlerbilder ansieht, kann damit ein echter Verbesserungsprozess angestoßen werden. Wir sehen bei unseren Kunden bereits innerhalb der ersten acht Wochen direkt die ersten Ergebnisse, also dass Fehlerquellen ausgeschaltet werden oder insgesamt die Fehlerquote deutlich reduziert wird.

Viele unserer Kunden sind Maschinen- und Anlagenbauer. Nehmen Sie die Qualitätskontrolle bei der Inbetriebnahme einer Anlage. Da hat man eine Maschine, 20 Meter lang, die wurde drei Wochen lang aufgebaut und zum Schluss wird die Qualitätsprüfung mit Operations1 durchgeführt, anstatt mit Checklisten auf Papier. Wo früher nur ein Mitarbeiter mit dem Klemmbrett um die Anlage gelaufen ist, können heute zehn Kollegen kollaborativ um die Anlage gehen, direkt verbunden miteinander und mit dem Qualitätsmanagementsystem. Wenn Fehler entdeckt werden, dann werden diese direkt eingebucht bei uns im System, und von dort wandern sie auch direkt in ein QM-System.

Aber digitale Systeme gibt es ja bereits. Was ist der Unterschied bei Operations1?

Einer der Punkte ist: Es werden viele Bilder gemacht, die Geräte sind ja da und können das. Das heißt, mit dem Tablet sind die Kollegen an der Maschine, machen Fotos von den Fehlerquellen, machen auch Videos. Hier liegt der Schlüssel in der Einfachheit. Bislang wurden die Bilder gar nicht gemacht oder es wurden separate Digitalkameras genutzt und die Bilder hat das Team dann nicht mehr gesehen. Aber jetzt haben alle die Möglichkeit, jederzeit auf Operations1 weiter mit den Bildern zu arbeiten. So setzt der Lerneffekt ein.

Das Gespräch führte Wolfgang Kräußlich, QZ

Interview 2 Seiter

Zur Person<img src="tango:{F5B4418F-1F70-4840-8592-81E2AB9025A4}"/>

Benjamin Brockmann ist seit 2017 CEO und Co-Founder bei Operations1. Er studierte an der TU München und forschte mit seinen Mitbegründern am Fraunhofer Institut, wo er auch die inhaltliche Grundlage für die Gründung durch seine Masterarbeit über Werkerinformationssysteme bekam. Operations1 beschäftigt mittlerweile knapp 80 Mitarbeiter und hat Standorte in Frankfurt und Augsburg.

<a href="https://www.operations1.com" target="_blank">www.operations1.com</a>

„Die Frage ist: Welche Informationen braucht der Mitarbeiter, um bestmöglich arbeiten zu können?“

Digitale Transformation

Wirtschaft

Innovationen und neue Technologie

Optimierung der Werkzeugwechselstrategie durch stochastische Modellierung

Zerspanungswerkzeuge werden tendenziell zu früh gewechselt - gegensteuern kann eine stochastische Optimierung.

Die Bestimmung des Werkzeugzustands erfolgt besonders in der Einzel- und Kleinserienfertigung häufig anhand der Erfahrung der Maschinenbediener. Der Wechselzeitpunkt kann zudem durch organisatorische Faktoren wie Rüstvorgänge oder Schichtwechsel beeinflusst werden. Insgesamt führt dies dazu, dass Zerspanungswerkzeuge tendenziell zu früh gewechselt werden – gegensteuern kann eine stochastische Optimierung.

Zerspanungsprozesse sind so individuell wie die durch sie produzierten Teile. Als Bindeglied zwischen Werkstück und Maschine hat das Werkzeug und dessen Zustand einen wesentlichen Einfluss auf Qualität und Wirtschaftlichkeit. Inhomogene Werkstoffe, die begrenzte Steifigkeit aller mechanischen Komponenten, die Kühlschmierung und viele weitere Faktoren beeinflussen den Werkzeugverschleiß, welcher wiederum die Oberflächengüte und Maßhaltigkeit beeinträchtigt. Darum müssen benutzte Schneiden rechtzeitig ausgetauscht oder nachgeschliffen werden. Um hierfür den idealen Zeitpunkt zu treffen, gibt es verschiedene Ansätze.

Die Mechanismen der Entstehung von Verschleiß an Zerspanungswerkzeugen sind trotz ausgiebiger Forschung keineswegs vollständig verstanden, weshalb dessen Ausbildungsverlauf nach dem aktuellen Stand der Technik generell Unsicherheiten unterlegen ist . Um Werkzeuge dennoch zu einem angemessenen Zeitpunkt wechseln zu können, sodass deren Zerspanungspotenzial möglichst vollständig ausgenutzt wird, ohne Werkstücke durch zu späte Wechsel zu beschädigen, ist es notwendig, den Verschleiß zu überwachen.

Eine objektive Werkzeugwechselstrategie kann mithilfe von Tool-Condition-Monitoring-Systemen umgesetzt werden. Deren Einsatz führt aber im ersten Schritt zu hohen Investitionsaufwendungen durch die Hardwareimplementierung und prozessspezifische Anpassungsvorgänge. Eine Alternative hierzu kann die Anwendung einer stochastischen Analyse bieten, wobei die inhärenten Unsicherheiten des komplexen Zusammenspiels physikalischer und chemischer Vorgänge während der Zerspanung umgangen werden.

Bei der Anwendung eines stochastischen Modells wird der Verschleiß als zufällig angenommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Werkzeug eine bestimmte Nutzungsperiode übersteht, wird anhand einer Zuverlässigkeits-Funktion modelliert.

Insbesondere bietet die Weibull-Verteilung ein für diese Anwendung geeignetes Modell. Der zusätzliche Einsatz von sogenannten Beschleunigungsfaktoren erlaubt eine Berücksichtigung von Prozessparametern. Dabei handelt es sich um Kovariablen, welche die Zunahme der Ausfallwahrscheinlichkeit beeinflussen.

Die erweiterte Funktion nennt sich Accelerated Failure Time Model. Wichtig ist hier allerdings, dass dieses nur standhält, wenn sich der dominante Versagensmechanismus der Schneide im Bereich der eingesetzten Parameterwerte nicht ändert (Formel 1). Unabhängig davon, ob und welche Beschleunigungsfaktoren berücksichtigt werden, kann aus der Zuverlässigkeitsfunktion unmittelbar die durchschnittliche Zeitdauer zwischen Werkzeugwechseln oder Mean Time Between Replacements (MTBR) bestimmt werden (Formel 2).

Das Ziel der Bildung eines solchen Modells ist die Prognose des durchschnittlich besten Werkzeugwechselintervalls. Gefunden werden kann dieses beispielsweise durch die Festlegung eines maximalen Versagensrisikos. Besser noch ist die Bestimmung des optimalen Kompromisses aus den Risiken für Werkzeugbruch und Werkzeugverschwendung, um entweder die Verfügbarkeit zu maximieren oder die Kosten zu minimieren. Hierfür muss ermittelt werden, welche Auswirkungen ein regulärer Werkzeugwechsel erzeugt, ebenso wie die durchschnittlich verursachten Folgen bei einem Versagen vor Tausch der Schneide.

 Die beiden Kostenfälle werden addiert, wobei für letzteren die Versagenswahrscheinlichkeit des Werkzeugs mit einberechnet wird. Es ergibt sich eine Funktion für die erwarteten Kosten eines Werkzeugintervalls (Formel 3). Die erwarteten Gesamtkosten können mit dem Werkzeugwechselzyklus in Relation gesetzt werden (Formel 4). Die Optimierung besteht nun darin, das Minimum dieser Funktion zu finden.

Bestehende Ansätze wie dieser weisen jedoch Hürden bei der praktischen Anwendung auf. Beispielsweise gestaltet sich die Ermittlung des zu erwartenden Kostenaufschlags bei Werkzeugversagen häufig als problematisch. Zudem sind bisherige Verfahren meist auf einen bestimmten Anwendungsfall ausgelegt und bieten nur eine begrenzte inhärente Flexibilität.

Statistische Analyse der  Werkzeugwechselstrategie

Um die stochastische Analyse praxisnah zu erklären, werden die Werkzeugwechsel eines Industrieunternehmens beispielhaft untersucht und eine Stichprobe statistisch analysiert.

 Grundsätzlich erfolgen Werkzeugwechsel an den Zerspanungsmaschinen der Firma nach Ermessen der Maschinenbediener. Zur Inspektion eines Werkzeugs wird die Bearbeitung angehalten, um die Schneiden optisch zu betrachten und nach Ausbrüchen oder stumpfen Kanten zu tasten. Während der Bearbeitung werden auch akustische Veränderungen zur Beurteilung des Werkzeugzustands berücksichtigt.

Die Entscheidung zum Wechsel anhand dieser Sinneseindrücke ist abhängig von der individuellen Erfahrung jedes Mitarbeiters. Werkzeugbrüche und andere verschleißbedingte Probleme treten selten auf, da eine bewusste Tendenz besteht, Werkzeuge früh zu tauschen.

Im Rahmen einer Stichprobenanalyse werden die maximalen Verschleißmarkenbreiten von 34 Schneiden aus einem industriellen Prozess vermessen und statistisch analysiert. Ebenfalls berücksichtigt wird eine weitere Schneide, welche bei der Verwendung brach. Die untersuchten Wendeschneidplatten wurden zum Schruppdrehen von vorgedrehten Schmiedezapfen verwendet. Die gesamte Stichprobe wurde von der gleichen Maschine beim Zerspanen des gleichen Werkstoffs erfasst. Inhomogenitäten im Material können jedoch nicht ausgeschlossen werden. Die Schnittparameter wurden während des Einsatzes einer Schneide variiert, ohne genau dokumentiert zu werden; bekannt sind lediglich Spektren der verwendeten Einstellungen. Die Parameterbereiche für alle Schneiden der Stichprobe sind:

<ul><li>Schnittgeschwindigkeit vc = 160–200 m/min</li><li>Vorschub f = 0,2–0,55 mm</li><li>Schnitttiefe ap = 1,0–3,5 mm</li></ul>

Obwohl der Großteil der Werkzeuge dieser Stichprobe erst mit nachlassender Werkstückqualität ausgewechselt wurde, besteht Optimierungspotenzial: Eine längere Einsatzdauer von wenig verschlissenen und präventiv getauschten Schneiden kann angestrebt werden.

Die Verschleißausprägung zwischen Schneiden gleicher Einsatzzeit schwankt deutlich. Mit zunehmender Einsatzzeit nimmt der Verschleiß tendenziell zu.

Die durch die Maschinenbediener festgelegten Wechselintervalle lassen sich in Form einer Weibull-Verteilung modellieren, was darauf hindeutet, dass die Werkzeugwechsel in diesem Fall prinzipiell anhand eines geeigneten Musters erfolgen. Dennoch besteht Potenzial zur Verbesserung, da einige Schneiden länger hätten verwendet werden können und sowohl Austauschzeitpunkte als auch Verschleißwerte stark streuen.

Eine stochastische Optimierung beginnt stets mit der Sammlung von Daten. Im vorliegenden Fall wird zunächst eine Stichprobe aus dem zu optimierenden Prozess erhoben. Diese umfasst Daten zur Werkzeugeinsatzdauer, den Grund des Wechsels und die Einsatzbedingungen. Um die Realität hinreichend korrekt darstellen zu können, empfiehlt sich die Orientierung an einem statistischen Versuchsplan. Im Anschluss kann eine Weibull-Zuverlässigkeitsfunktion oder bei variablen Prozessparametern ein Accelerated Failure Time Model parametrisiert werden.

Um eine komplizierte Schätzung von Kosten im Zusammenhang mit rechtzeitigen und verspäteten Werkzeugwechseln zu vermeiden, lässt sich die Kostenfunktion zunächst in allgemeiner Form verarbeiten. Das Optimum kann über die Nullstelle der Ableitung gefunden werden. Diese lässt sich so formulieren, dass lediglich ein Verhältnis aus den Kosten von Werkzeugwechseln vor sowie nach Versagen der Schneide abgeschätzt werden muss (Formel 5). Mithilfe dieser Gleichung kann anhand der geforderten Belastung der Schneide das kostenoptimale Werkzeugwechselintervall berechnet werden. Je nach Ausgangslage kann das Ergebnis als Richtwert für präventive Werkzeugwechsel dienen, oder zur Festlegung eines definierten Standardwechselintervalls herangezogen werden. Ersteres empfiehlt sich zum Einsparen von Kosten bei allgemein stabilen Prozessen, zweiteres kann genutzt werden, um Stabilität zu fördern oder auch um einen automatisierten Prozess zu steuern.

Das vorgestellte Verfahren wird anhand der Stichprobe des beteiligten Industrieunternehmens angewendet. Das Verhältnis cratio aus Kosten für vorsorgliche Werkzeugwechsel und Gesamtkosten infolge von Werkzeugversagen wurde vor dem Hintergrund kaum auftretender Instabilitäten im Prozess auf ½ geschätzt. Das Resultat ist ein optimales Wechselintervall von circa 55 Minuten.

Da der betrachtete Prozess stabil läuft und keine Qualitätsprobleme bestehen, sollen Maschinenbediener weiterhin ihre Sinneswahrnehmung und Erfahrung nutzen, um den Verschleißzustand der Schneide einzuschätzen. Allerdings besteht ein Kosteneinsparungspotenzial von rund acht Prozent, wenn Werker es vermeiden, präventive Werkzeugwechsel nach einer Einsatzdauer von weniger als 55 Minuten durchzuführen. Darum wird der Firma empfohlen, dass vor dem Erreichen dieser Standzeit Schneiden nur mit akutem Grund getauscht werden sollten. Die Rate an Schneidenversagen vor Austausch wird hierdurch laut der Berechnung nicht beeinträchtigt, sodass auch die Produktqualität konstant gehalten werden kann.

Im Allgemeinen kann mithilfe einer stochastischen Analyse die Objektivität bei der Festlegung von Werkzeugwechselzeitpunkten erhöht werden, um Zerspanungswerkzeuge besser auszunutzen, ohne die Prozesssicherheit zu gefährden. Der Ansatz bietet zudem auch für geringere Stückzahlen eine gute Eignung.

Graph einer Kostenfunktion anhand von Beispieldaten.

Austauschzeitpunkte vorsorglicher Werkzeugwechsel und solche aufgrund nachlassender Qualität in Abhängigkeit derer Verschleißmarkenbreiten.

Six Sigma Zerspanung

Stochastische Optimierung

<ul><li>Vagnorius, Ž.; Sorby, K. Estimation of cutting tool failure costs, 2009, S. 262–266</li><li>Vagnorius, Ž. Reliability of metal cutting tools: Stochastic tool life modelling and optimization of tool replacement time, 2010</li><li>Xu, W.; Le, C. Optimal tool replacement with product quality deterioration and random tool failure. In: International Journal of Production Research 53, Nr. 6, 2014, S. 1736–1745</li><li>Zaretalab, A.; Haghighi, H. S.; Mansour, S.; Sajadieh, M. S. Optimisation of tool replacement time in the machining process based on tool condition monitoring using the stochastic approach. In: International Journal of Computer Integrated Manufacturing 32, Nr. 2, 2018, S. 159–173</li></ul>

Lukas Emilius ist Absolvent des Maschinenbau-Studiums mit Schwerpunkten in der Prozessoptimierung, Six Sigma und Tool Condition Monitoring.