<ul><li>Quality Escape Trap: So erkennt Rolls Royce Fehlerquellen und lernt daraus</li><li>Nachhaltigkeit erfordert wertschöpfende Datennutzung im digitalen Lebenszyklus</li><li>3D-Druck findet seinen Weg in die Serienfertigung – das erfordert neue QM-Verfahren</li></ul>

Das Messegeschäft und der Standort Deutschland

Die Innovationszyklen in der Messtechnik und der Turnus von Fachmessen sind Gegenstand des Editorials von Wolfgang Kräußlich.

Deutschland hat es derzeit nicht leicht: Fachkräftemangel, hohe Energiepreise und eine überbordende Bürokratie. Manch einer sieht uns auf dem Weg in eine Deindustrialisierung. Und nun kam während der – an den mittleren Tagen übrigens sehr gut besuchten und an Innovationen reichen – Fachmesse Control die Diskussion auf, ob es nicht besser sei, die Messe nur alle zwei Jahre zu veranstalten. Die Innovationszyklen in der Messtechnik seien eher langsam, so die Protagonisten des zweijährigen Turnus. Das mag sein. Allerdings ist auffällig, dass es vorwiegend größere, managergeführte Unternehmen waren, die die Messe nicht so oft besuchen wollten, wohingegen mittelständische, meist inhabergeführte Unternehmen sich stärker für den jährlichen Rhythmus aussprachen.

Beide Seiten kann man verstehen: Große Konzerne besuchen international sehr viele kostspielige Messen und haben oft Vertriebsstrukturen, für die Messen nicht so wichtig sind. Hier ist die Messe vor allem ein Innovationsschaufenster. Kleine Unternehmen wiederum sind auf weniger Messen, nutzen diese dafür aber auch sehr stark als Vertriebskanal, sind mit ihren kleinen Teams froh über eine Gelegenheit, viele Kunden auf einmal zu treffen und konstruktive Fachgespräche zu führen.

Was wäre also richtig? Ich weiß es nicht. Aber ich halte es für eine der Stärken des Standorts Deutschland, dass Anbieter und Anwender von hochklassiger Industrietechnik eng kooperieren. Messen sind hier ein wichtiger Baustein und nicht umsonst gilt Deutschland als Messeland: Rund zwei Drittel der weltweit führenden Messeveranstaltungen finden hier statt. Wollen wir einer Deindustrialisierung Einhalt gebieten, sollten wir unsere Wahl also mit Bedacht treffen. Entscheiden werden es am Ende die Besucher – also Sie. Und hier sah es auf der Control ja schon einmal recht gut aus.

Wolfgang Kräußlich [<a href="mailto:wolfgang.kraeusslich@hanser.de">wolfgang.kraeusslich@hanser.de]</a>

Wolfgang Kräußlich, Chefredakteur der QZ

16:9

Editorial Kräußlich

Messeturnus und Innovationszyklen | Editorial von Wolfgang Kräußlich

Messtechnik

Verbände, Institutionen, Messen

Dienstleistungen

Der Ludwig-Erhard-Preis 2023 – Stimmen der Teilnehmer

In Kooperation mit der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ lobt die Initiative Ludwig-Erhard-Preis den Preis 2023 aus. Wir stellen die diesjährigen Bewerber um die Spitzenplatzierungen vor.

In Kooperation mit der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ lobt die Initiative Ludwig-Erhard-Preis den Ludwig-Erhard-Preis 2023 aus. Die Preisverleihung findet am 23. Juni 2023 in Berlin statt. Hier stellen wir die diesjährigen Bewerber um die Spitzenplatzierungen vor.

Seit 1997 wird der Ludwig-Erhard-Preis (LEP) jährlich als nationale Auszeichnung für Spitzenleistungen im Wettbewerb vergeben. Den Preis erhalten Organisationen und Unternehmen, die auf Basis eines intensiven Bewertungsprozesses ein ganzheitliches Managementsystem und den nachhaltigen Erfolg ihrer Geschäftstätigkeit zeigen können. Die zugrunde liegende Bewertungsmethodik ist das EFQM-Modell 2020 Second Edition. Neben den Gold-Platzierungen werden in vier Größenkategorien Silber-Platzierungen sowie Bronze-Platzierungen an weitere erfolgreiche Bewerber vergeben. Alle weiteren Bewerber-Organisationen werden im Rahmen des Ligaprinzips einem Reifegrad zugeordnet und entsprechend geehrt.

In diesem Jahr haben sich wieder rund 60 Unternehmen und Organisationen einer Begutachtung gestellt. Sie repräsentieren unterschiedlichste Branchen und Größen. Hier erfahren Sie (in alphabetischer Reihenfolge) anhand einiger Teilnehmer, warum diese Unternehmen sich am Wettbewerb beteiligen.

Der BMW Group Bereich MP ist ein wesentlicher Teil der Einkaufsorganisation von BMW. Er befasst sich mit der Beschaffung von Teilen für die Umfänge von Karosserie und Interieur. Mit rund 3500 Mitarbeitern stellte sich dieser Bereich einem einwöchigen Assessment und hat dabei Recognised for Excellence 6 Star erreicht. Martin Frensch, der Leiter dieses Bereichs, begründet die Teilnahme am LEP so: „Die komplexen Herausforderungen in der Automobilindustrie verlangen uns täglich Höchstleistungen ab. Der EFQM-Ansatz hilft uns hier bei der ständigen Verbesserung. Wir sehen die Teilnahme am Ludwig-Erhard-Preis als klares Signal der Anerkennung für die Fortschritte durch unser Team.“

Das Bosch Werk Bamberg war bereits in 2012 Gewinner des EFQM Excellence Awards. Seither hat sich der Betrieb in einen Transformationsprozess begeben, um sich den Herausforderungen der Veränderungen in der Automobilbranche zu stellen. Im LEP-Prozess 2023 betrachtete ein siebenköpfiges Assessorenteam eine Woche lang den mit 6200 Mitarbeitern größten Bewerber. Der kaufmännische Werkleiter in Bamberg, Dr. Martin Schultz, erklärt zur Teilnahme: „Wir wollen lernen und uns ständig verbessern. Dies ist als Automobilzulieferer, der sich bislang fast ausschließlich auf Verbrennermotorkomponenten konzentriert hat und sich deshalb in einer Transformation zu neuen Antriebskonzepten befindet, von besonderer Bedeutung. Wir bewerben uns um den Ludwig-Erhard Preis, um eine qualifizierte, externe Meinung zu unserem Veränderungsprozess, unserer Vision, Strategie und der Qualität unseres Managements zu erhalten.“

Das Gerätewerk Amberg von Siemens, mit Produktionsstandorten in Amberg und Cham, stellt hochautomatisiert elektrotechnische Komponenten für die elektrische Energieverteilung im Industrie-, Infrastruktur und Gebäudebereich her. Der Betrieb mit 1650 Mitarbeitern stellte sich erstmals einem LEP-Assessment. „Unser Planungs- und Steuerungssystem hilft uns, sowohl die täglichen Herausforderungen zu meistern als auch den stattfindenden Transformationsprozess aktiv zu gestalten. Unsere strategische Steuerung lehnt sich stark an der EFQM-Systematik an“, heißt es aus dem Projektteam. „Die Teilnahme am LEP war für uns eine hervorragende Standortbestimmung und gab uns Feedback hinsichtlich unserer Stärken und Potenziale.“

Das Jobcenter für den Landkreis Bad Segeberg hat bereits im Jahre 2013 als eine der ersten Organisationen der Bundesagentur für Arbeit ein Recognised-Assessment durchlaufen. Als eine der besten Teilorganisationen dieser öffentlich-rechtlichen Organisation hat sich dieses Jobcenter einem Assessment gestellt und bereits Recognised for Excellence 5 Star erreicht. „Mit der Nominierung wollen wir das langjährige Engagement unserer Mitarbeitenden, Partner und Stakeholder würdigen, die auf dem Weg der Organisationsentwicklung mit dem EFQM-Modell so wichtige Beiträge geleistet haben. Zudem freuen wir uns darauf, durch die Veranstaltung neue Impulse zu erhalten“, so Susan Sommerfeld, Geschäftsführerin des Jobcenters.

Die Katholische Hochschule Freiburg ist seit vielen Jahren Anwender des Excellence-Ansatzes der EFQM. In einem Assessment erreichte diese konfessionelle Bildungseinrichtung Recognised for Excellence 4 Star und ist damit die höchstplatzierte Hochschule im Wettbewerb. „Das Zusammenspiel von Selbst- und Fremdbewertung schärft den Blick auf die entscheidenden Stärken und Potenziale. Mit der Bewerbung auf den LEP wollen wir deutlich machen, dass auch Hochschulen mit der ihr eigenen Managementlogik extrem stark von der Orientierung am EFQM-Modell und die Einbindung in das internationale Excellence-Netzwerk profitieren können“, erklärt Rektorin Prof. Stephanie Bohlen.

Lock Antriebstechnik ist ein mittelständisches Industrieunternehmen, das im Bereich der Klimatisierung Lösungen für Ställe und Gewächshäuser sowie andere Anwendungen entwickelt und herstellt. Es war bereits Silber-platziert im Preisverfahren und stellt sich erneut dem Wettbewerb. Inhaber Frank Lock: „Die Auseinandersetzung mit dem EFQM Modell liefert uns seit 2017 wesentliche Impulse. Einerseits sind die durch die Assessments aufgezeigten Potenziale extrem wertvoll – ganzheitlich betrachtet, wertschätzend präsentiert und das nach lediglich zwei- bis dreitägiger Analyse. Ich kenne keine andere Methodik, die so schnell und kostengünstig solch klare Ergebnisse liefert.“

Das Beratungsunternehmen Mission Mittelstand ist ein Start-up aus Cloppenburg. Es ist in kurzer Zeit stark gewachsen und stellt sich erstmals der Betrachtung im Rahmen des LEP. Gründer und Geschäftsführer Matthias Aumann betont: „Ein internes Qualitätsmanagement hilft, Prozesse zu optimieren und Fehler zu minimieren, zumal zumal wir uns große Ziele auf unserer Reise zur Excellence gesetzt haben, auch bei den Themen Nachhaltigkeit und Unternehmenskultur.“

Das Pierburg Werk Hartha ist eine Produktionsstätte von Rheinmetall, die elektronische Komponenten für die Automobilindustrie herstellt. Das Werk stellt sich nach Bronze erneut dem Wettbewerb und hat im Assessment bereits Recognised for Excellence 5 Star erreicht. „Die erneute Teilnahme im LEP hilft uns, unsere Entwicklung weiter voranzubringen, und wird uns auch in Zukunft helfen, eine Steigerung der Performance und der Wettbewerbsfähigkeit als strategischer Lieferant und Top-Arbeitgeber zu erzielen und eine nachhaltige Steigerung unserer Wertschöpfungskette sowie eine CO2-neutrale Produktion zu erreichen“, erklärt Werksleiter Mario Schäfer.

Die Firma Schabmüller Automobiltechnik ist ein inhabergeführtes Unternehmen der Automobilzulieferbanche mit Sitz in der Nähe von Ingolstadt. Der Betrieb hat bereits Recognised for Excellence 4 Star erreicht und stellt sich dem Wettbewerb um den LEP: „Durch weitere Prozessoptimierungen wurden wir beim Assessment 2021 mit 4 Sternen belohnt. Durch den gezielten Ausbau unserer Potenziale konnten wir uns 2023 wieder steigern und bewerben uns nun für die Bronze-Auszeichnung“, führt Geschäftsführer Helmut Häckl aus. „Die Assessments sind immer eine großartige Erfahrung. Es ist spannend zu sehen, wie Außenstehende das Unternehmen sehen und bewerten.“

Das Hotel Schindlerhof Klaus Kobjoll ist bereits dreimal Preisträger gewesen und tritt in 2023 erneut an. Das Hotel sieht sich als Vorreiter in der Hotelleriebranche. Nicole Kobjoll, die Geschäftsführerin des Hotels, berichtet: „1998 haben wir uns zum ersten Mal beworben. Seitdem sind wir mehrfach dabei gewesen. So haben wir auch 2023 wieder alles gegeben – und als Team beim Ludwig Erhard Preis teilgenommen: Voller Vertrauen in unser Zusammenleben und Arbeiten als Human Stars.“

Siltronic ist der einzig verbliebene Wafer-Hersteller in Europa. Mit 4500 Mitarbeitern stellt das Unternehmen aus Silizium Einkristalle her und sägt daraus feine Scheiben, die die Basis für alle mircoelektronischen Bauteile sind. Das Unternehmen stellt sich erstmals der Begutachtung durch den Ludwig-Erhard-Preis. „Das EFQM-Modell, das auf einer ganzheitlichen Herangehensweise basiert, stellt Siltronic einen umfassenden Rahmen zur Verfügung, um die Geschäftsprozesse in ihrer Gesamtheit zu analysieren und zu optimieren“, so die Projektleitung. „Durch die Umsetzung des EFQM-Modells unterstreichen wir unser Engagement für Exzellenz und kontinuierliche Verbesserung in allen Aspekten unserer Geschäftstätigkeit.“

Die VHS Reckenberg-Ems/FARE ist eine Bildungseinrichtung in Rheda-Wiedenbrück, die bereits zweimal den Ludwig-Erhard-Preis in Gold gewonnen hat. In diesem Jahr tritt die Einrichtung wieder an und hat im Assessment bereits Recognised for Excellence 6 Star erreicht. Geschäftsführer André Mannke betont: „Die Volkshochschule und Fortbildungsakademie Reckenberg-Ems nimmt seit einigen Jahren am Wettbewerb teil. Das gemeinsame Erarbeiten der Bewerbung, der besondere Spirit des Vor-Ort-Besuches und die daraus resultierende Auszeichnung stärken die Kultur unseres Unternehmens. Der anschließende Feedbackbericht gibt uns wertvolle Erkenntnisse zur Verbesserung.“

Seit 1997 wird jährlich der Ludwig-Erhard-Preis als nationale Auszeichnung für Spitzenleistungen im Wettbewerb vergeben.

Der diesjährige Ludwig-Erhard-Preis wird am 23. Juni 2023 im Rahmen eines festlichen Gala-Dinners im Meistersaal in Berlin verliehen. In Partnerschaft mit der Standortinitiative „Deutschland – Land der Ideen“ werden die Gewinner für ihre besonderen Leistungen ausgezeichnet.

Ludwig Erhard war von 1963 bis 1966 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Ihm ist der Exzellenz-Preis gewidmet.

Hauptartikel

Ludwig-Erhard-Preis 2023 | Vorstellung der Teilnehmer

Dr. André Moll ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Initiative Ludwig-Erhard-Preis e.V.

Die Initiative Ludwig-Erhard-Preis wird als Verein von korporativen Mitgliedern getragen. Jede Organisation, die sich dem Gedankengut der Business Excellence verschrieben hat, kann Mitglied werden – unabhängig davon, ob sie sich um den Ludwig-Erhard-Preis bewirbt oder nicht.

Die Initiative Ludwig-Erhard-Preis qualifiziert Führungskräfte und Mitarbeiter zur Nutzung des Excellence-Ansatzes und bietet Trainings der EFQM in deutscher Sprache an. Die Initiative Ludwig-Erhard-Preis e.V. ist als zertifizierte Trainings- und Anerkennungsorganisation „Reference Organisation“ der EFQM in Deutschland. Sie ist lizenziert, offizielle EFQM-Trainingskurse durchzuführen und EFQM Zertifikate für die Teilnehmer auszustellen.

Initiative Ludwig-Erhard-Preis – Auszeichnung für Spitzenleistungen im Wettbewerb e. V. (ILEP) Ludwig-Erhard-Strasse 16a 61440 Oberursel T +49 6171 887688–1 <a href="mailto:info@ilep.de">info@ilep.de</a>

Der deutsche Preis für Spitzenleistungen ist nach Ludwig Erhard benannt. Der Konjunkturaufschwung in der jungen Bundesrepublik Deutschland als Folge der von ihm durchgesetzten Sozialen Marktwirtschaft brachte dem CDU-Politiker den Ruf, „Vater des Wirtschaftswunders“ zu sein. Erhard hingegen erklärte immer wieder, die Erfolge seiner Politik seien kein Wunder, sondern vielmehr das Ergebnis einer gut bedachten Konzeption und konsequenter Politik. Das richtige Verhältnis zwischen persönlicher Freiheit und staatlicher Verantwortung formulierte Erhard so: „Ich will mich aus eigener Kraft bewähren; ich will das Risiko des Lebens selbst tragen, will für mein Schicksal selbst verantwortlich sein. Sorge Du, Staat, dafür, dass ich dazu in der Lage bin.“ Nach Erhards Verständnis sollte eine Wirtschaftsordnung geschaffen werden, die „das Prinzip der Freiheit auf dem Markt mit dem des sozialen Ausgleichs und der sittlichen Verantwortung jedes einzelnen dem Ganzen gegenüber verbindet“. Das sind Leitgedanken, die bis heute nichts von ihrer Aussagekraft eingebüßt haben. Und genau in diesem Sinne versteht sich das Modell des Ludwig-Erhard-Preises.

Qualitätssicherung

Qualitätsthemen auch in Bewegtbild erleben

Seit April 2023 ist der neue Youtube-Kanal der Fachzeitschrift QZ Qualität und Zuverlässigkeit online.

Alle Statistiken zeigen es: Videoinhalte liegen im Trend. Das kommt nicht von ungefähr. Über die letzten Jahrzehnte hat sich das Mediennutzungsverhalten der Menschen insgesamt stark verändert. Für die meisten von uns ist das Internet heute die primäre Informationsquelle – und selbst wenn es inhaltlich wichtigere Quellen gibt, so ist das Netz doch meist der Ort, an dem im zeitlichen Ablauf zuerst recherchiert wird. Dabei zeigte sich insbesondere in den vergangenen Jahren, dass User Bewegtbildinhalte wie Videos und Livestreams gegenüber reinen Textinhalten bevorzugen. Diese Veränderung im Mediennutzungsverhalten hat auch Auswirkungen auf die Verbreitung und Rezeption von uns Fachzeitschriften.

Während seriöse Fachzeitschriften, ebenso wie Fachbücher, mit ihren ausführlichen Beiträgen weiterhin tiefes Wissen vermitteln, finden sich in Blogbeiträgen, auf Social Media und in Bewegtbildformaten kürzere Inhalte, die weniger in die Tiefe gehen, dafür aber einen schnelleren Überblick verschaffen. Es entsteht ein Informationstrichter mit allgemeineren, einführenden Inhalten am offenen Ende und immer detaillierter werdenden Informationen am Fokuspunkt.

Als moderne Fachzeitschrift wollen wir natürlich auch das weite Ende des Trichters bedienen. Seit einigen Wochen gibt es daher von der QZ-Redaktion auch ein Video-Angebot. Auf dem neuen Kanal werden zukünftig Interviews und Reportagen rund um die Themen Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement zu finden sein. Wir haben damit begonnen, Videos zu produzieren, die die Kernthemen der Publikation auf manchmal unterhaltsame und hoffentlich immer informative Weise präsentieren.

Zu Beginn sind es, bedingt durch die vielen Innovationen der im Mai stattfindenden Fachmesse Control, sehr viele Themen aus der Mess- und Prüftechnik, jedoch werden auch Videoreportagen zu Methoden des Qualitätsmanagements sowie Reportagen mit Blick hinter die QM-Kulissen bei Unternehmen und Institutionen folgen. Falls Sie ein spannendes Thema für eine Video-Reportage haben, scheuen Sie sich nicht, uns darauf anzusprechen:Schreiben Sie einfach eine Mail an <a href="mailto:qz@hanser.de">qz@hanser.de</a>.

Sie finden QZ auf Youtube unter: <a href="http://www.youtube.com/@QZonline" target="_blank">www.youtube.com/@QZonline</a>

QZ in Bewegtbild findet sich auf Youtube oder unter <a href="http://www.qz-online.de" target="_blank">www.qz-online.de</a>.

Auf dem Kanal finden Sie Interviews und Firmenreportagen.

News 1 Seiter

Videos zu Qualitätsthemen | YouTube-Kanal der QZ

Qualitätsmanagement

Welchen Einfluss die Haltung und Führungskultur auf die Qualität hat

Wie verändert man das Mindset eines Menschen, und wie gar das eines ganzen Betriebs?

Wie verändert man das Mindset eines Menschen, und wie gar das eines ganzen Betriebs? Wie schraubt man an der Motivation, wie schärft man die Konzentration, wie fördert man das Mitdenken? Erfolgreiche Organisationen kennen die Stellschrauben, mit denen sie Mitarbeiter und Führungskräfte zu Höchstleistungen befähigen.

Wie kommt es, dass Fehler und Mängel beim Kunden aufschlagen, obwohl doch mehrere Mitarbeiter das Produkt in ihren Händen hielten und es prüfen sollten? Wieso passieren Wiederholfehler, obwohl Standards festgelegt und Prozesse ausführlich beschrieben sind? Und warum scheinen viele Führungskräfte der Qualität im Alltag nicht die Priorität einzuräumen, die sie verdient hätte?

Für viele scheint die Antwort simpel: Der Faktor Mensch hat wieder zugeschlagen! Der Mitarbeiter hat nicht aufgepasst, war abgelenkt und hat nicht richtig gearbeitet. Eine falsche Einstellung liegt wohl zugrunde. Zu wenig Motivation, Konzentration, oder Mitdenken werden unterstellt. Die Wunschlösung liegt ebenfalls auf der Hand: „Wir brauchen ein neues Mindset bei unseren Führungskräften und Beschäftigten!“. Doch den meisten dürfte klar sein: die Aufgabe ist nicht trivial, sondern scheint nahezu unmöglich, denn eine Einstellungsveränderung kann nicht von außen verordnet werden. Und dennoch gibt es Firmen, die engagierte, leistungsstarke und mitdenkende Mitarbeiter haben.

Haben diese Firmen einfach Glück? Nein, es ist sehr viel mehr als das. Schaut man sich die Rahmenbedingungen in diesen Betrieben an, so entdeckt man eine besondere Kultur und bestimmte Strukturen, die als „Stellschrauben“ durchaus die Einstellung und das Verhalten auch zur Qualität beeinflussen.

Eine konstruktive Lernkultur ist die Basis

Kennen Sie das auch, dass im Falle eines Fehlers, einer Ineffizienz oder eines Vergessens nur nach dem Schuldigen, nicht aber nach der Ursache geforscht wird? Dass keiner es gewesen sein will? Und dass, wenn man den Verursacher gefunden hat, gar nicht tiefer nach den Hintergründen gefragt wird?

Hier steht Ihnen eine wirkungsvolle Stellschraube für eine Änderung des Mindsets zur Verfügung: Eine Qualitätskultur, die es sich gönnt, Fehler als Lernpotenziale zu sehen, die Ursachenforschung jenseits der Schuldfrage betreibt und idealerweise sogar mithilfe des Erfahrungswissens der Beteiligten die Risiken bespricht die zu Fehlern führen können. Eine Qualitätskultur, die ermöglicht, dass Führungskräfte wie Mitarbeiter Freude am Thema Qualität entwickeln. In einer solchen Kultur wird die Suche nach Risiken wie die Suche nach Ostereiern und bereitet Freude. Alle ziehen an einem Strang, und es öffnen sich völlig neue Fenster und Türen, die bislang unerkannte und vor allem unbesprochene Risiken offenlegen, weil das Expertenwissen der Mitarbeiter und die Handlungsmöglichkeiten der Führungskräfte aufeinandertreffen.

Neben einer neugierig-interessierten Lernhaltung helfen offene, systemische Fragen, die Mitarbeiter über ihre Erfahrungen zum Nachdenken zu bringen. Solche Fragen sind beispielsweise: Welche Zeitfresser gibt es in Ihrem Arbeitsalltag, die dazu führen können, dass Qualitätsaspekte verrutschen können? Welche Tricks und Kniffe wenden Sie in Ihrem Arbeitsalltag an, damit aus einem vorhandenen Risiko kein Fehler entsteht? In welchen Situationen ist die Gefahr, Dinge zu verwechseln besonders groß?

Bei allen Gesprächen gilt: Es ist wichtig, diese Fragen offen zu stellen. Man sollte neugierig und interessiert sein, und das Wörtchen „Warum“ vermeiden. Denn auch wenn die Methode der 5-Why ihren Sinn bei der technischen Fehlersuche hat: Der Begriff „Warum“ ist bei den meisten Menschen negativ besetzt, verbunden mit den kritischen Fragen der Eltern, von Lehrern oder Partnern.

Vor der Einstellungsveränderung steht die Plausibilität

Dass Qualität wichtig ist, um den Kunden zufrieden zu stellen, ist wahrscheinlich für jeden nachvollziehbar. Doch wie sieht es mit den vielen Handgriffen und Überlegungen aus, die ein Mitarbeiter täglich umsetzen muss, und die für den Kunden einzelne Bestandteile seiner Qualitätserwartungen darstellen?

Kennen wirklich alle Beschäftigten ihren eigenen persönlichen Beitrag für die Gesamtqualität? Weiß wirklich jeder, wo das Produkt eingesetzt wird und welche Auswirkungen schlechte Qualität für den Kunden hat? Damit sind nicht abstrakte Zahlen oder Begriffe wie Reklamation und Kunden-Unzufriedenheit gemeint. Sondern vielmehr die Frage, ob der Mitarbeiter Bilder im Kopf und somit ein Verständnis dafür hat, dass ein falsches, fehlerhaftes oder fehlendes Produkt beim Kunden beispielsweise zu einer Woche Arbeitsausfall oder im noch schlimmeren Fall zu einem Arbeitsunfall oder zu Gesundheitsschäden führen kann.

Der Bezug zum Produkt und ein Verantwortungsfühl für die Konsequenzen sind oft ein gewichtiger Ansatzpunkt, um noch bewusster zu arbeiten, vorausschauend Risiken zu beseitigen und frühzeitig Probleme zu melden. Nur wer wirklich verstanden hat, worum es konkret geht, kann auch mit entsprechendem Bewusstsein handeln.

Damit ist an dieser Stelle kein finanzieller Vorteil gemeint, sondern eine Reaktion auf ein konkretes Verhalten. Wir Menschen sind nun einmal so gestrickt, dass wir unser Verhalten nach der Wahrscheinlichkeit einer Reaktion sowie nach der Unmittelbarkeit derselben ausrichten.

Wenn Mitarbeiter also erleben, dass auf eine Verbesserungsidee ein unmittelbares Dankeschön und eine Umsetzung erfolgt (oder zumindest eine gut begründete Ablehnung des Vorschlags), dann wissen sie, dass sich ihr Mitdenken lohnt. Erfahren sie, dass sich eine Führungskraft bei ihnen für das Melden eines Risikos oder eines Fehlers bedankt, so lernen sie, dass Melden geschätzt wird und sie ohne Ängste auch über Fehler berichten dürfen. Werden Mitarbeiter konsequent, aber stets in sachlichem Ton angesprochen, wenn sie gegen Standards oder Richtlinien verstoßen, dann spüren sie, dass das Thema Qualität im Betrieb hoch gehalten wird.

Nur mit einer solchen Führungskultur entwickelt sich auch die gewünschte Qualitätskultur. Werden gute Ideen ignoriert und Fehler nur getadelt, empfinden selbst noch so engagierte Beschäftigte irgendwann ein Gefühl von Wirkungslosigkeit und jede Eigeninitiative bleibt künftig aus.

Aufmerksamkeit auf Qualitätsbelange fokussieren

In der Praxis geht es um Produktivität, Geschwindigkeit, Maschinenverfügbarkeit oder Mitarbeiterplanung. Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte im Arbeitsalltag feste Zeiten reservieren, in denen über Qualität gesprochen wird. Und zwar zusammen mit den Mitarbeitern an deren Arbeitsplatz. Dieser ausschließliche Fokus auf Qualität bewirkt, dass wir Risiken, die wir im Alltag nicht wahrnehmen, plötzlich erkennen.

Gleichzeitig hat die Ausrichtung auf Risiken den Charme, dass noch nicht über tatsächliche Fehler gesprochen, sondern präventiv auf Eventualitäten geschaut wird, die noch nicht eingetreten sind. Somit steht der Mitarbeiter nicht als Buhmann da, der sich für einen Fehler rechtfertigen muss, sondern vielmehr als Experte, der Wertschätzung für seine Erfahrungen, sein Wissen und seine Hinweise erhält. Diese vorausschauende Ursachenforschung kann sogar noch effizienter gestaltet werden, wenn man Risikomuster nutzt. Bei der Erforschung von Fehlerquellen oder Ineffizienzen helfen Kategorisierungen, die aus den zahlreichen unterschiedlichen Risiken, mit denen die Beschäftigten in ihrem Alltag konfrontiert sind, Muster werden lassen, die sich schablonenartig zur besseren und intensiveren Suche nach Risiken eignen.

Eine weitere Hilfestellung ist das Sprechen über bereits gut funktionierende Aspekte. Geben Sie Ihren Kollegen Rückmeldung über Lob, das Sie von zufriedenen Kunden erhalten. Erzählen Sie, was Sie seit der letzten Besprechung an Engagement seitens Mitarbeitern und Führungskräften mitbekommen haben, wo Menschen sich eingesetzt haben, damit Kunden zufrieden sind. Und fragen Sie, was die Beteiligten in der vergangenen Woche getan haben, damit Fehler vermieden, erkannt oder beseitigt werden konnten.

So richten die Beteiligten ihre Aufmerksamkeit auf Risiken und Facetten, auf die es im Sinne der Qualität ankommt. Es gelingt eine Kultur, in der konstruktiv gelernt wird und in der Qualität ein Thema ist, zu dem alle gerne und mit Freude ihren Beitrag leisten.

Mindset

Mindset für mehr Qualität | Haltung und Führungskultur

Claudia Metzger ist Projektleiterin und Beraterin bei der t&t Organisationsentwicklung, Training und Beratung. <a href="mailto:claudia.metzger@ttorga.com">claudia.metzger@ttorga.com</a>

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Fehlermanagement

Doppelte Wesentlichkeitsanalyse in der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verlangt künftig eine doppelte Wesentlichkeitsanalyse bei der Bewertung der Themen, die die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) vorgeben. Im Interview berichten Tobias Kirchhoff und Ann-Katrin Bimber von der DFGE – Institut für Energie, Ökologie und Ökonomie über die Bedeutung und Umsetzung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse.

Interview mit Tobias Kirchhoff und Ann-Katrin Bimber über die Bedeutung und Umsetzung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse im Rahmen der European Sustainability Reporting Standards (ESRS).

Was ist die doppelte Wesentlichkeitsanalyse?

Ann-Katrin Bimber: Die Wesentlichkeitsanalyse dient dazu, die für ein Unternehmen und seine Anspruchsgruppen bedeutenden Nachhaltigkeitsthemen zu ermitteln. Ein Unternehmen soll sich beim Nachhaltigkeitsmanagement zunächst auf die Themen konzentrieren, die als wesentlich betrachtet werden. Bei der Frage, was ‚wesentlich‘ oder ‚material‘ bedeutet, müssen im Sinne der doppelten Wesentlichkeit zwei Perspektiven berücksichtigt werden. Man unterscheidet zwischen der Inside-Out Perspektive, auch Impact Materiality genannt, und der Outside-In Perspektive, auch finanzielle Wesentlichkeit genannt. Diese Blickwinkel bilden die Basis für die Ableitung der strategisch relevanten Nachhaltigkeitsthemen und der Berichtspflichten. Die Outside-In-Perspektive betrachtet externe Einwirkungen von Nachhaltigkeitsthemen auf das Unternehmen und dessen Geschäftsmodell, die Strategie und den Umsatz. Externe Entwicklungen sind beispielsweise Anpassungskosten an den Klimawandel oder eine strengere Regulatorik.

Bei der Inside-Out Perspektive müssen Unternehmen ihre tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf Nachhaltigkeitsthemen darlegen. Relevante Themen können hier der Einfluss des Unternehmens auf Umweltverschmutzung und Biodiversität genauso sein wie die Frage, inwiefern die Strategie Korruption verhindert und entgegenwirkt.

Warum ist das im Nachhaltigkeitskontext gerade so relevant?

Tobias Kirchhoff: Viele Unternehmen werden in den nächsten Jahren durch die Regelungen der Corporate Sustainability Reporting Directive sowie der European Sustainability Reporting Standards als Berichtsstandard dazu verpflichtet, über ihre Nachhaltigkeitsperformance zu berichten. Die CSRD liefert dabei die Vorgaben, die European Sustainability Reporting Standards definieren die Inhalte. Die doppelte Wesentlichkeit ist eine zentrale Perspektive in der Corporate Sustainability Reporting Directive.

Unter der Non-Financial Reporting Directive (NFRD), der aktuell noch geltenden Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, ist ein Thema erst dann als wesentlich anzusehen, wenn es in beiden Dimensionen der Nachhaltigkeit wesentliche Auswirkungen verursacht. Um berichtspflichtig zu werden reicht hingegen künftig aus, wenn ein Thema in einer der beiden Dimensionen wesentliche Auswirkungen verursacht. Durch diese Änderung werden zukünftig mehr Themen als materiell eingestuft. Die Anzahl der berichtspflichtigen Inhalte und damit der Berichtsaufwand werden dadurch maßgeblich ausgeweitet.

Wie unterscheidet sich das zu den Anforderungen der Global Reporting Initiative?

Ann-Katrin Bimber: Die CSRD setzt auf bereits bestehende etablierte Berichtsstandards auf. Die Global Reporting Initiative (GRI) wird als Partner genannt, der sich in engem Austausch mit der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) befindet, die für die Entwicklung der Standards zur CSRD verantwortlich ist.

GRI hat einen exklusiven Fokus auf die Impact-Materialität, also auf potenzielle und faktische, positive wie negative Auswirkungen, die durch Geschäftstätigkeiten des Unternehmens direkt oder indirekt entstehen. Die ESRS mit der doppelten Wesentlichkeit rücken zusätzlich die finanziellen Risiken und Chancen stärker in den Fokus.

Aufgrund der großen Überschneidungen zwischen den GRI-Indikatoren und den ESRS-Datenpunkten und den Parallelen bei den Grundprinzipien der Wesentlichkeit, sind Unternehmen, die heute bereits nach GRI berichten, gut für die ESRS aufgestellt. Um Unternehmen bei der Vorbereitung auf die ESRS zu unterstützen, bietet die DFGE in Zusammenarbeit mit der DQS Schulungen zum Thema GRI an.

Was sind die ersten Schritte bei der Umsetzung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse?

Ann-Katrin Bimber: Bei der Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse ist eine gute Vorbereitung wichtig, die für die notwendige Transparenz über den Gesamtprozess sorgt. Es müssen die zur Umsetzung erforderlichen Ressourcen bereitgestellt werden und die notwendige Rückendeckung durch die Unternehmensleitung gegeben sein. Zu Beginn der Analyse müssen Unternehmen sich die Frage stellen, welche Nachhaltigkeitsaspekte potenziell wesentlich sein können, also welche Themen innerhalb der Wesentlichkeitsanalyse bewertet werden sollen. Hierfür orientieren wir uns an den ESRS. Diese bieten für die Erstellung der Liste mit potenziell wesentlichen Themen einen guten Ausgangspunkt. Zusätzlich können Nachhaltigkeitsratings, international anerkannte Reportingstandards und Sektorprofile genutzt werden. Wichtig hierbei ist, dass die Liste der Themen in einer Wesentlichkeitsanalyse stets vollständig und überschneidungsfrei ist.

Wie können Stakeholder bei der Materialitätsanalyse miteinbezogen werden?

Tobias Kirchhoff: Wir durchlaufen mit unseren Kunden mehrere Schritte, um die Wesentlichkeit der Themen zu beurteilen und Stakeholder miteinzubeziehen. Hierzu gehören unter anderem eine Sektorenanalyse, eine Medienanalyse und ein Kunden- und Wettbewerberbenchmark. Zur Beurteilung der Financial Materiality involvieren wir außerdem das Risikomanagement des Unternehmens und führen Gespräche mit internen Experten.

Eine Wesentlichkeitsanalyse sollte immer die Stakeholder eines Unternehmens miteinbeziehen. Hierfür nutzen wir eine Online-Umfrage, die von einer Vielzahl von Stakeholdern statistisch fundierte Aussagen darüber liefert, welche Themen von welchen Gruppen besonders favorisiert werden. Quantitative Modelle ergänzen die Befragung um eine wissenschaftliche Faktenbasis und erlauben eine meinungsunabhängige und zukunftsgerichtete Beurteilung der Wesentlichkeit.

Was sind die größten Herausforderungen bei ihren Kunden?

Ann-Katrin Bimber: Die Durchführung einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse ist aufwendig. Oftmals wird die Komplexität unterschätzt, wodurch zu wenig Zeit und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Herausfordernd kann auch die Festlegung der Interessensgruppen sein, die in die Analyse einbezogen werden sollen. Insbesondere bei der Beurteilung der Financial Materiality müssen die Stakeholder die Fähigkeit haben, ihre Meinung als Privatperson nicht mit der Unternehmenssicht zu verwechseln. Hier kann es hilfreich sein, Stakeholder zu befragen, die sich bereits mit den finanziellen Implikationen von Nachhaltigkeitsthemen für das Unternehmen beschäftigt haben.

Eine weitere Herausforderung ist die Betrachtung der Wesentlichkeit der Themen über die gesamte Wertschöpfungskette. Auswirkungen können beispielsweise durch eine Geschäftsbeziehung in der Lieferkette oder in der Nutzungsphase eines Produktes auftreten. Um fundierte Ergebnisse durch die Wesentlichkeitsanalyse zu erhalten, müssen all diese Auswirkungen betrachtet werden.

Die Umsetzung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse ist ein Aspekt, der nicht trivial ist, aber wichtige Einsichten liefern kann, die zur Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie beitragen können und den Auftakt für einen langfristigen Stakeholderdialog bilden, der das Ziel hat, zukünftige Herausforderungen zu erkennen und gemeinsam zu meistern.

Das Interview führte Franziska Patzwald, Produktmanagerin der DGQ-Weiterbildung

Ann-Katrin Bimber (links) und Tobias Kirchhoff sprechen im Interview über die Bedeutung und Umsetzung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse.

Interview DGQ

Doppelte Wesentlichkeitsanalyse | Nachhaltigkeit

Tobias Kirchhoff leitet das Reporting Team der DFGE und unterstützt Kunden dabei, ihre Reporting-Anforderungen zu meistern.

Ann-Katrin Bimber ist Senior Project Specialist Corporate and Supply Chain Sustainability bei der DFGE und arbeitet schwerpunktmäßig an den Themen GRI, CSRD, CSR-Ratings und TCFD.

DFGE – Institut für Energie, Ökologie und Ökonomie

Gegründet im Jahre 1999 als Spin-Off der Technischen Universität München, bietet die DFGE – Institut für Energie, Ökologie und Ökonomie Beratungsleistungen im Bereich Nachhaltigkeit an.

Das Angebot „Sustainability Intelligence“ beinhaltet Berechnungs-Management, Reporting Lösungen sowie Strategie-Entwicklung und zielt darauf ab, den Aufwand für die Teilnahme an mehreren Nachhaltigkeits-/CSR-Standards und Rankings wie CDP, UNGC, DJSI, EcoVadis oder GRI zu bündeln und übergreifende Strategien wie eine Nachhaltigkeitsstrategie gemäß den SDGs zu entwickeln.

Normen / Standards

Recht allgemein / sonst.

Nachhaltigkeit

Umweltmanagement

qz-online.de

Wie die Quality Escape Trap technische Fehler bei deren menschlicher Wurzel packt

Rolls-Royce Power Systems hat die Methode Quality Escape Trap entwickelt, um nicht-technische Ursachen für das Entstehen oder Nichterkennen eines Fehlers zu ermitteln und zu beheben.

Der klassische Ansatz von Lessons Learned beschränkt sich häufig auf technische Aspekte wie Materialeigenschaften oder die geometrische Gestaltung eines Bauteils. Rolls-Royce Power Systems hat die Methode Quality Escape Trap entwickelt, um nicht-technische Ursachen für das Entstehen oder Nichterkennen eines Fehlers zu ermitteln und zu beheben.

Die Chance zur Verbesserung durch Lernen aus Fehlern haben heute bereits viele Unternehmen erkannt. Der Ansatz der klassischen Lessons Learned mit der Basisfrage „Was muss ich tun, um den Fehler künftig zu verhindern?“ beschränkte sich bei Rolls-Royce Power Systems (RRPS) allerdings auf technische Aspekte wie Materialeigenschaften oder geometrische Gestaltung eines Bauteils. Warum ein Fehler während der Entwicklung oder Produktion nicht verhindert werden konnte und warum er nicht rechtzeitig erkannt wurde, wurde kaum diskutiert. Eine Überprüfung der installierten qualitätsrelevanten Prozessschritte zur Fehlervermeidung oder Fehlerkennung fand nicht statt. Prozessuale oder organisatorische Ursachen für Fehler wurden nicht erkannt.

Daher hat Rolls-Royce Power Systems die Lessons Learned-Methode mit dem Ziel weiterentwickelt, solche nicht technischen Ursachen für das Entstehen oder Nichterkennen eines Fehlers sicher zu ermitteln und zu beheben. Heute ist eine robuste Verankerung von qualitätsrelevanten Prozessen und deren kontinuierliche Weiterentwicklung ein Ergebnis dieses Ansatzes.

Quality Escape Trap: Hintergrund und Definition

Das Kernstück des neuen Lessons-Learned-Konzepts ist die Quality Escape Trap (QET). Dabei handelt es sich um eine Methode auf Basis einer Auflistung aller Prozessschritte zur Fehlervermeidung oder Fehlererkennung.

In einer moderierten Diskussion anhand von Standardfragen werden diese Prozessschritte mit Blick auf den aktuellen Fehler diskutiert. Dabei wird zuerst ermittelt, ob der jeweilige Prozessschritt im konkreten Fall durchgeführt wurde. Wenn der Prozessschritt erfolgte, wird diskutiert, warum der Fehler dennoch nicht erkannt wurde. In diesem Fall muss der Prozessschritt modifiziert werden oder es werden zusätzliche Prozessschritte erforderlich. Wenn der Prozessschritt nicht ausgeführt wurde, muss geklärt werden, mit welchen organisatorischen Maßnahmen künftig die Ausführung sichergestellt wird.

Die QET stellt damit die methodische Falle (trap) dar, welche die Stelle des Entwicklungs- oder Produktionsprozesses einfängt oder aufzeigt, an der ein Fehler entkommen (escape) ist und unentdeckt bleiben konnte. Diese Schwachstelle wird bei RRPS „Point of Escape (PoE)“ genannt. Dieser PoE beantwortet die Frage „Wo hätte ich den Fehler im Prozess verhindern oder entdecken können?“

Abhängig davon, wo der Fehler behoben werden muss und wo er durchgerutscht ist, wird die QET jeweils separat für die Prozesse in Entwicklung, Einkauf, Logistik, Produktion oder Service durchlaufen. Die Methode knüpft direkt am 8D-Prozess an. Sie setzt im Anschluss des 8D-Prozessschritts D4 der Root-Cause-Analyse an. Während bei der Root-Cause-Analyse üblicherweise technische Ursachen für einen Fehler wie Materialeigenschaften oder geometrische Gestaltung ermittelt werden, können mit Lessons Learned und QET (LL&QET) prozessuale oder organisatorische Ursachen ermittelt werden. Deren Behebung bietet häufig ein hohes und bereichsübergreifendes, weltweites Verbesserungspotenzial, um künftig auch Fehler anderer Art zu vermeiden oder rechtzeitig zu erkennen.

Die Methode LL&QET gibt alle Prozessschritte vor, die durchlaufen werden müssen. Diese eindeutige Methodik kommt mit der Abfrage der einzelnen Prozessschritte immer zu Ergebnissen. Das heißt es wird immer mindestens ein Point of Escape (PoE) gefunden. Somit gelingt es, immer Maßnahmen zu definieren, mit denen eine Fehlerwiederholung unwahrscheinlicher wird. Die Methode ist anhand der Standardformulare einfach handzuhaben, weil die Rollen und Verantwortlichkeiten aus dem 8D-Prozess übernommen werden und somit eindeutig vorgegeben sind. Der Ablauf und die Logik der Methode ist für Anwender und Teilnehmer einfach zu trainieren und leicht zu verstehen.

Die QET ist tabellarisch aufgebaut und wie folgt zu bearbeiten:

<ul><li>Auf der linken Seite sind alle qualitätsrelevanten Prozessschritte aufgelistet, die ein fehlerhaftes Bauteil oder System bis zur Serienreife hätte durchlaufen müssen. Die prozessrelevanten Schritte beginnen etwa mit einem Lasten-und Pflichtenheft, den technischen Spezifikationen, gehen dann über eine analytische Betrachtung und Versuchserprobung bis hin zur Serienstückliste und Freigabe.</li><li>Die erste Frage, die beantwortet werden muss, lautet: Wurde der Prozessschritt berücksichtigt bzw. durchgeführt? Je nach Antwort ist in der linken Spalte ein „J“ für „Ja“ oder in der rechten ein „N“ für „Nein“ einzutragen.</li><li>Die zweite und wichtigste Frage lautet: Hätte der konkrete vorliegende Fehler (mit dessen technischen Ursache) mit diesem Prozessschritt erkannt (verhindert oder entdeckt) werden können? Dabei ist es zunächst unerheblich, ob der Prozessschritt durchgeführt wurde (linke Spalte) oder nicht (rechte Spalte).</li><ul><li>Hätte der Fehler erkannt werden können (wurde seinerzeit aber nicht), dann wird dieses Feld rot hinterlegt. Dieses Handlungsfeld, das wir auch als Point of Escape bezeichnen, ist bei der späteren Lessons Learned von Bedeutung.</li><li>Beispiel: Ein Bauteil fällt beim Kunden unter bestimmten Randbedingungen aus. Eine Inhouse-Erprobung (Dauerlauf) wurde zwar durchgeführt, die spezifischen Bedingungen allerdings nicht berücksichtigt. Der Fehler hätte mit einem Dauerlauf erkannt werden können, wenn die Kundenrandbedingungen abgebildet worden wären.</li><li>Hätte der Fehler mit diesem Prozessschritt nicht erkannt werden können, dann kann er auch zukünftig mit einem solchen Prozessschritt nicht erkannt werden. Dieses Feld wird somit grün markiert und ist für die spätere Lessons Learned nicht mehr von Interesse.</li><li>Beispiel: Ein Bauteil fällt beim Kunden unter bestimmten Randbedingungen aus. Eine Inhouse-Erprobung (Komponentenerprobung) wurde zwar durchgeführt, die spezifischen Randbedingungen allerdings nicht berücksichtigt. Der Fehler hätte aber mit einer Komponentenerprobung nicht erkannt werden können, weil ein Komponentenprüfstand keine Kundenrandbedingungen abbilden kann. Derartige Fehler können auch in Zukunft mit einer Komponentenerprobung nicht erkannt werden.</li></ul><li>Mit den Fragen 3a und 3b soll der Bearbeiter der QET die roten und grünen Felder näher erklären. Die Gründe für die roten Handlungsfelder werden allerdings erst in der späteren Lessons Learned detaillierter ausgearbeitet (5-Why).</li><li>Der Begriff „Quality Escape Trap“ entstand aufgrund dieser Fragestellungen, weil man seinerzeit bei einem oder mehreren Prozessschritten in die Falle gelaufen ist, mit denen man den Fehler hätte verhindern können (PoE). Außerdem ist dies die Falle, mit der wir die Fehlerursache künftig „fangen“ wollen.</li></ul>

Rollen und Aufgaben  einer Lessons Learned mit QET

Anhand eines technischen Problems kann der Prozess und die Methode von Lessons Learned mit QET (LL&QET) erläutert werden: Im Feld (bei Kunden) wurde bei Motoren ein Ansaugluftschlauch, durch den ölhaltige Luft angesaugt wird, porös und brach. Die eindeutige Ursache (Root Cause) hat ergeben, dass der Elastomer-Werkstoff des Ansaugluftschlauchs nicht ölbeständig ist.

Aus dem 8D-Prozess sind die Rollen und Verantwortlichkeiten definiert und bekannt:

<ul><li>Problem Owner: Er benennt das Problem und liefert (falls notwendig) Schadteile zur Untersuchung an. In der Regel ist der Problem Owner ein Mitarbeiter des Kundendienstes/Service.</li><li>Quality Manager: Aufgabe des Q-Managers ist es, den 8D-Prozess zu steuern, die Untersuchung des Schadteils durchzuführen, die eindeutige technische Root Cause zu ermitteln (bei 8D4) und den Problem Solver zu benennen. Organisatorisch ist der Q-Manager im Qualitätsmanagement angesiedelt.</li><li>Problem Solver: Der Problem Solver muss anhand der Root Cause das Problem beheben. In der Regel hat er bereits das Vorgängerbauteil oder -system entwickelt oder ausgelegt. Handelt es sich um eine konstruktive respektive applikationsbedingte Ursache, stammt der Problem Solver aus der Entwicklung oder Applikation. Liegt das Problem bei einem Zulieferbauteil, ist der Einkauf verantwortlich.</li><li>Lessons Learned-Moderator: Den Moderator für eine LL&QET stellt das Qualitätsmanagement.</li></ul>

Mit der eindeutigen technischen Root Cause und den benannten Verantwortlichen kann nach 8D-Prozessschritt 8D4 eine LL&QET begonnen werden:

Schritt 1: Der Q-Manager hat die eindeutige technische Root Cause („Elastomer-Werkstoff des Ansaugluftschlauchs nicht ölbeständig“) ermittelt und den Problem Solver benannt.

Schritt 2: Der Problem Solver hat nun die Aufgabe, die QET gemäß o.g. Vorgehensweise zu bearbeiten und die Handlungsfelder für die spätere LL-Moderation zu kennzeichnen.

Das grüne Feld zeigt, dass die Projektspezifikation zwar berücksichtigt wurde, der Fehler respektive die Ursache „Elastomer-Werkstoff des Ansaugluftschlauchs nicht ölbeständig“ aber mit Berücksichtigung der Projektspezifikation nicht hätte erkannt werden können, weil diese nicht so feingliedrig ist. Derartige Fehler können somit auch zukünftig nicht mit einer Projektspezifikation verhindert oder entdeckt werden.

Das rote Feld hingegen sagt aus, dass der Fehler mit der Erstellung einer technischen Spezifikation hätte erkannt werden können, wenn nicht nur die (ölfreie) Ansaugluft, sondern auch die einmündende Kurbelgehäuseentlüftung (Ölanfall) berücksichtigt worden wäre. Dieses Handlungsfeld wird entsprechend nummeriert und muss in der Moderation der Lessons Learned hinterfragt werden. Wie die QET zeigt, gibt es auch Prozessschritte, die für einen konkreten Fehler nicht anwendbar sind.

Schritt 3: Der Problem Solver übergibt die bearbeitete QET an den LL-Moderator, der nun die Aufgabe hat, das LL-Team zusammenzustellen und einzuladen. Die Teilnahme von Q-Manager und Problem Solver ist zwingend erforderlich, weitere Fachleute bei Bedarf.

Die roten Handlungsfelder werden nun nach und nach vom Moderator mittels 5-Why-Methode mit dem Team bearbeitet. Ziel der „Warum?“-Fragen ist es, eine organisatorische oder prozessuale Grundursache für jedes rote Handlungsfeld zu erkennen.

Im Gegensatz dazu erfolgen die Lessons Learned im Sinne der technischen Übertragung auf andere Produkte, Baureihen, Bauteile oder Standorte über den 8D-Prozess und sind nicht Bestandteil der LL&QET.

Ausgehend von der Erläuterung des roten Handlungsfelds (Warum wurde der Fehler nicht erkannt bzw. der Prozessschritt nicht durchgeführt?), wird die Frage „Warum?“ so oft wiederholt, bis das Team der Meinung ist, die organisatorische oder prozessuale Grundursache für das Problem erkannt zu haben. Die Anzahl der Nachfragen ist beliebig. Wichtig ist, dass so lange nachgehakt wird, bis der fehlerverursachende Prozessschritt eindeutig identifiziert und nicht mehr weiter aufteilbar ist.

„Der Fehler (Elastomer nicht ölbeständig) hätte mit der Erstellung der technischen Spezifikation des Ansaugschlauchs erkannt werden können, wenn nicht nur die (ölfreie) Ansaugluft, sondern auch die einmündende Kurbelgehäuseentlüftung (Ölanfall) berücksichtigt worden wäre.“ Diese Aussage wird als Start in die Kopfzeile der 5-Why übertragen. Diese Aussage wird unter W1 als Frage formuliert und im Team dazu die Antwort erarbeitet.

Bei der Beantwortung der 5-Why-Fragen ist es nun notwendig, keine technischen Erklärungen zu liefern, sondern im Team prozessuale und organisatorische Ursachen zu diskutieren. Es sollte jeweils die Frage beantwortet werden, bei wem (Abteilung, Bereich…), zu welchem Zeitpunkt, welche prozessuale oder organisatorische Lücke bestand. Folgende mögliche prozessualen oder organisatorischen Ursachen können als Hilfestellung dienen:

<ul><li>Der Prozess, die Beschreibung ist nicht vorhanden.</li><li>Der notwendige Prozessschritt ist in einem bestehenden Prozess nicht beschrieben bzw. nicht berücksichtigt.</li><li>Die Schnittstellen oder Übergaben sind nicht definiert.</li><li>Bestimmte Dinge sind nicht vereinbart (z.B. vertraglich).</li><li>Der Mitarbeiter hat es nicht gewusst.</li><li>Schulungen sind nicht vorhanden oder lückenhaft.</li><li>Es ist keine Kapazität, kein Budget vorhanden.</li><li>Verantwortlichkeiten sind nicht definiert.</li></ul>

Schritt 4: Im nächsten Schritt werden die prozessualen und organisatorischen Ursachen aus den 5-Whys der roten Handlungsfelder in mögliche Maßnahmen zur Verhinderung oder Entdeckung des Fehlers umformuliert. Dabei bezieht man sich vorerst noch auf den konkreten vorliegenden Fehler und definiert die Maßnahme rückblickend mit der Frage: Was wäre notwendig gewesen, damit der Fehler verhindert oder entdeckt worden wäre?

In unserem Beispiel mit dem konkreten vorliegenden technischen Fehler „Elastomer nicht ölbeständig“ wurde folgende organisatorische Maßnahme (rückblickend) definiert: „Der konkrete vorliegende Fehler (Elastomer nicht ölbeständig) hätte verhindert oder entdeckt werden können, wenn es einen speziellen Fachmann für Ansaugschläuche gegeben hätte, mit Fachwissen bzgl. der spezifischen Eigenschaften und Anforderungen (Temperaturbeständigkeit, Ölnebelbeständigkeit, evtl. mechanische Beanspruchung) an die Ansaugschläuche und zusätzlich mit Kenntnissen aller bisher entwickelten Ansaugsysteme.“

Die nächste Herausforderung besteht darin, den Fehler zu abstrahieren und zu verallgemeinern, mögliche Maßnahmen für die Zukunft zu definieren und den entsprechenden LL-Maßnahmeneigner festzulegen.

In unserem Beispiel hat das LL-Team den Fehler abstrahiert in„fehlerhafte Material-/ Komponentenauswahl“ und somit unabhängig vom Bauteil (Ansaugschlauch), Baureihe etc. gemacht. Die Abstrahierung sollte zwar allgemeingültig aber dennoch so spezifisch sein, dass konkrete Maßnahmen und Verantwortlichkeiten abgeleitet werden können.

Die o.g. rückblickende Maßnahme wird nun zukunftsgerichtet inklusive der Abstrahierung formuliert: „Mögliche Maßnahmen zur Verhinderung/Entdeckung zukünftiger gleichartiger Fehler (nämlich: fehlerhafte Material-/Komponentenauswahl) sind:

<ul><li>Spezielle Fachleute für Komponenten / Module in der Entwicklung einsetzen mit Fachwissen bezüglich der spezifischen Eigenschaften und Anforderungen an Bauteile und Komponenten (Temperatur, Medien, mechanische Beanspruchung etc.).</li><li>Detaillierte Konstruktionsrichtlinien erstellen, die von Fachleuten ausgearbeitet werden.</li><li>Sicherstellen, dass das Wissen personenunabhängig zur Verfügung steht,</li><li>Neuorganisation: Die Fachleute / Modulverantwortliche sitzen in der Entwicklung und arbeiten mit ihrem Spezialwissen der Applikation zu.“</li></ul>

Im letzten Schritt der LL-Moderation wird der LL-Maßnahmeneigner namentlich und mindestens auf Abteilungsleiterebene benannt, um die entsprechende Management Attention herzustellen.

Schritt 5: Da in der Regel der LL-Maßnahmeneigner nicht Teilnehmer des LL-Meetings ist, da er zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt ist (in unserem Beispiel „Herr XXX aus der Entwicklung“), wird der LL-Maßnahmeneigner im Nachgang des Meetings auf Abteilungsleiterebene informiert und die Maßnahme an ihn übergeben.

Schritt 6: Die Aufgabe des LL-Maßnahmeneigners ist es, die gewonnenen Erkenntnisse und Maßnahmen aus dem LL-Meeting anzunehmen, einen Maßnahmenplan (im Idealfall die Umsetzung der Maßnahme) zu erarbeiten, dem LL-Moderator zurückzumelden, die Maßnahmen eigenverantwortlich umzusetzen und die Wirksamkeit nachzuverfolgen.

Es erfolgt keine Bewertung der Maßnahmen und kein Maßnahmentracking durch das LL-Team. Das LL&QET wird nach Vorliegen des Maßnahmenplans abgeschlossen. Die Bewertung und Nachverfolgung der Wirksamkeit der Maßnahmen erfolgt in Eigenverantwortung innerhalb des jeweiligen Bereichs des LL-Maßnahmeneigners.

Schritt 7: Der Status der LL&QET wird regelmäßig in Gremien berichtet, unter anderem im Qualitäts-Board mit dem Vorstand. Bei Bedarf erfolgt eine entsprechende Eskalation in diesen Gremien.

Einsatz der LL&QET  bei Rolls-Royce Power Systems

Aktuell wird die Methode LL&QET schwerpunktmäßig am Standort Friedrichshafen als Sitz der Konzernzentrale und des globalen Prozesseigners (GPO) eingesetzt.

Die Methode kommt bei bedeutenden technischen Produktproblemen zum Einsatz. Diese sind konzernintern durch eine hohe Risikoprioritätszahl (RPZ), hohe Kosten, unternehmenskritische Kunden oder sicherheitsrelevante Themen definiert. Die Entscheidung zur Durchführung einer moderierten LL&QET erfolgt durch ein Management-Gremium. Unterstützt wird aktuell der Einsatz der Methode und Moderation der LL durch ausgebildete Experten aus einem zentralen Methodenteam im Bereich Qualitätsmanagement.

Die LL&QET startet direkt nach der Root-Cause-Analyse im 8D-Prozessschritt D4, parallel zur Lösungserarbeitung. Zu diesem Zeitpunkt ist das Root-Cause-Team mit allen beteiligten Experten oft noch aktiv und das Wissen zum Fehler ist noch bei allen Beteiligten vorhanden. Es hat sich gezeigt, dass die LL-Diskussionen zu diesem Zeitpunkt mit deutlich höherer Motivation und Teilnahmebereitschaft der Teilnehmer erfolgt und damit sehr viel effektiver möglich sind als in D7 am Ende des Prozesses.

Die in D4 ermittelte technische Root Cause für einen Fehler ist eine wichtige Eingangsinformation der LL&QET. Durch die strukturierte detaillierte Diskussion der QET im Expertenkreis hat sich bei RRPS in mehreren Fällen herausgestellt, dass die eigentliche Ursache für den Fehler korrigiert werden musste. Die LL&QET stellt daher eine wirksame Methode dar, das Ergebnis der Root-Cause-Analyse abzusichern und damit die Erfolgschancen der Lösungsfindung zu erhöhen.

Die Diskussionen im Rahmen der QET haben bei vielen Beteiligten einen hohen Lerneffekt. Die LL&QET gibt vor, dass der Problemlöser des technischen Problems im 8D-Prozessschritt D5 die Aufgabe hat, die Liste der qualitätsrelevanten Prozessschritte im QET-Formular zu erfassen. Dadurch wird das Wissen und das Bewusstsein über diese Prozessschritte häufig erstmals aufgebaut. Dieses Wissen wird in den QET-Diskussionen dann bei allen Beteiligten nachhaltig vertieft.

Auf Basis der Ergebnisse der neuen Methode wurden prozessuale und organisatorische Änderungen vorgenommen, die eine Hebelwirkung mit großem Qualitätsverbesserungspotenzial haben. Beispiele hierfür sind Korrekturen des Obsoleszenz-Managements oder Anpassungen der Entwicklungsprozesse. Die strukturierte Zurückführung von Qualitätsproblemen auf Prozess- oder Organisationsmängel führt zu einer hohen Akzeptanz der erforderlichen Korrekturmaßnahmen.

Indem Prozesse oder die Organisation nachhaltig geändert werden und damit das Fehlerauftreten für die Zukunft verhindert wird, ist ein aufwendiges Durcharbeiten von LL-Unterlagen im Vorfeld von neuen Projekten überflüssig. Eine Fehlervermeidung ist weniger von individuellem Wissen der Mitarbeiter abhängig, als vielmehr von der Einhaltung der vereinbarten Prozesse.

Mögliche Ausbaustufen  der neuen Methode

Aktuell kommt die LL&QET bei technischen Problemen zum Einsatz. Dabei liegt der Schwerpunkt auf Entwicklungsproblemen. In geringem Umfang wurden auch Bauteilprobleme von Lieferanten, und damit der Einkaufsprozess, mit dieser Methode untersucht.

Da die Quality Escape Trap eine moderierte Analyse und Bewertung eines Ist-Prozesses ist, kann sie auch auf nicht-technische Prozesse übertragen werden.

Die nächste organisatorische Ausbaustufe ist die Schulung von lokalen, dezentralen und an den RRPS-Standorten ansässigen LL-Champions.

Der Lessons-Learned-Prozess in Verbindung mit QET bei Produktproblemen.

Aufbau der Quality Escape Trap (QET) für R&D / Application (Beispiele roter und grüner Felder). 

Lessons-Learned-Ansatz für die Baureihe ABC (Die Rollen sind aus dem 8D-Prozess bekannt)

Beispiel einer Quality Escape Trap für R&D bzw. Application.

Erster roter Bereich der Quality Escape Trap mit 5-Why hinterfragen.

Festlegung von möglichen Maßnahmen für den vorliegenden Fehler.

Abstrahierung und Festlegung von möglichen Maßnahmen für die Zukunft.

QET bei Rolls Royce Power Systems

Quality Escape Trap | Qualitätsmethode von Rolls-Royce

Norbert Veser ist Vice President bei Rolls-Royce Solutions Friedrichshafen. Er verantwortet das Qualitätsmanagement.

Markus Perwein ist Director bei Rolls-Royce Solutions Friedrichshafen. Er leitet im Qualitätsmanagement die Abteilung für Qualitätsmethoden, Lieferantenauditierung, Chemie-und Metalllabore. <a href="mailto:markus.perwein@ps.rolls-royce.com">markus.perwein@ps.rolls-royce.com</a>